Riesling Saumagen 2022

Karsten Peter: Riesling Saumagen 2022

2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2028–2047
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
frische Säure
3
Lobenberg: 97/100
Suckling: 95/100
Gerstl: 20/20
6
Deutschland, Pfalz
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Saumagen 2022

97
/100

Lobenberg: Karsten Peters Interpretation der dank Koehler-Ruprechts Bernd Philippi wahrscheinlich berühmtesten Lagen der Nordpfalz. Karsten holt einen Teil dieses Weines aus den Gewannen Nil in Ostexposition und Kirchenstück auf Terra Rossa-Boden. Also nicht im südexponierten Kernstück, sondern den etwas kühleren Randbereichen. Man riecht ins Glas und spürt sofort: Saumagen! Diese intensive, karge Kreidigkeit, die fast an Blanc de Blancs-Champagner erinnert in dieser Puristik. Alles läuft über helles Gestein, Limettensaft, weißfleischige, grüne Birne, Mandarine in sehr puristischer Ausprägung aber mit so spannender Aromatik, sehr lang, sehr intensiv. Die Augen ziehen sich zusammen, irre Mineralausdruck, die Säuren spielen mit der Zunge. Sehr straff, mit klirrender Mineralität, aber auch der satten Power des Saumagens. Das hat in diesem Jahr etwas mehr die typische Saftigkeit des Saumagens, nicht diese enorm steinige Kargheit wie 2021, aber mit gutem Spiel und Länge ohne Ende. Hier kommt noch etwas mehr der Lagencharakter durch auch in dieser leichten Pfälzer Speckigkeit. Aber Speckigkeit ist vielleicht der falsche Begriff. Das ist einfach etwas fruchtoffener, weniger auf reine Kargheit und Reduktion getrimmt als der 21er. Die Salzigkeit setzt sich auf der Zunge fest und sorgt mit der saftig-pikanten grünen Frucht für einen brillanten, trinkanimierenden Fluss. Aus dem Stand ein Saumagen in der ersten Reihe dieser Lage, alle Achtung. Wir wissen ja von Gut Hermannsberg, dass Karsten zu den besten Rieslingwinzern Deutschlands zählt, aber dass er seine Heimat die Pfalz mit einer ähnlichen Puristik und Klarheit auf die Flasche bringt wie die extrem steinige Nahe ist schon verblüffend. Stilistisch ist das hier klar näher an Rings als an Koehler-Ruprecht. Nachdem das Debüt im letzten Jahr schon so grandios war, ist der 22er hier ein würdevoller Nachfolger. Gefällt mir extrem gut. 97/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

95
/100

Suckling über: Riesling Saumagen

-- Suckling: Deep, dark and mysterious with stacks of wild herb and flinty aromas, plus a mountain of Amalfi lemon. Very compact and concentrated with brain-rattling primal energy on the palate. Still needs some time to open up fully, and with this huge structure it should age for decades. Vegan. Drinkable now, but best from 2024. 95/100

20
/20

Gerstl über: Riesling Saumagen

-- Gerstl: Traumhaft mineralischer Duft, raffinierte Reduktion, da ist kaum Frucht im Spiel, das ist pures Terroir. Sehr edler, atemberaubend tiefgründiger Duft, das ist ganz grosser, edler Riesling, betörend vielschichtig, strahlend klar, das berührt zutiefst. Wow, ist das ein grandioser Wein, der explodiert förmlich am Gaumen! Da ist eine geballte Ladung himmlischer Aromen, ein grosses Meisterwerk des Rieslings, charaktervoll, tiefgründig. Das ist Saumagen, das ist einzigartig, man kann es nicht beschreiben, nur fühlen, nur bewundern, das berührt Herz und Seele. Es ist so eine vibrierende Sinnlichkeit, ein Gänsehautwein, von einem leidenschaftlichen Winzer perfekt in Szene gesetzt, Riesling in Vollendung. 20/20

Mein Winzer

Karsten Peter

Karsten Peter ist ein Wandler zwischen den Welten, sein steter Begleiter ist dabei der Riesling – aber eben nicht nur! Als Mastermind hinter den Weinen von Gut Hermannsberg hat er den Kultbetrieb wieder zu alter Größe geführt, nun startet er zusätzlich auf seinem Familienweingut in der Pfalz durch.

Riesling Saumagen 2022