Riesling Morstein 2022

Katharina Wechsler: Riesling Morstein 2022

BIO

Zum Winzer

94–95
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2024–2037
Verpackt in: 6er
9
fruchtbetont
3
Lobenberg: 94–95/100
Suckling: 97/100
6
Deutschland, Rheinhessen
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Morstein 2022

94–95
/100

Lobenberg: Ein kühler und für rheinhessische Verhältnisse relativ hoch gelegener Weinberg, überwiegend Kalkstein. Der Boden ist überwiegend Ton- und Kalkmergel. Die Reben im Morstein sind erst 2012 neu gepflanzt, also im Vergleich zu Katharinas Kirchspiel relativ jung. Es sind Klone von der Mosel, welche überwiegend von Nick Weis kommen. Im Gegensatz zum feinen, tänzelnden Kirchspiel, macht der Morstein schon deutlich mehr Druck, obwohl er auch nicht so spät gelesen ist. Sehr dichte Frucht, gelber Apfel, Quitte, ein Hauch Exotik, und eben nicht ganz die Feinheit des Kirchspiels erreichend. Morstein ist versammelter, kanalisierter schon im Duft. Die Frucht ist reif und europäisch, saftiger Augustapfel, Pfirsich, sehr typisch Rheinhessen-Riesling. Sehr versammelte Nase mit reifem europäischem Steinobst, Wiesenkräuter und gelbe Blüten. Grüntee und Kornblumen. Im Mund auch viel rote Frucht mit zitrischen Einschlägen zeigend. Schöner Druck, aber auch hier eher klassisch in der Anmutung, nicht so hochkonzentriert wie 2019. Druckvolle, sehr cleane Frucht, hier zeigt sich das perfekt reife Lesegut. Grüne Birne, Sommerapfel, sehr saftig nachschiebend. Das hat schon auch viel jugendliche Kraft aus seiner Fruchtigkeit. 94-95/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

97
/100

Suckling über: Riesling Morstein

-- Suckling: This youthful dry Rheinhessen riesling combines stunning concentration with a chalky minerality that’s all-encompassing yet never dominates the cool and restrained stone fruit character. Major structure that remains below the waterline of perception on the front palate and emerges like the back of a whale breaking the surface of the ocean. Spectacularly brilliant finish in spite of the moderate acidity. Great potential. From organically grown grapes. Drinkable now, but best from 2024. 97/100

Mein Winzer

Katharina Wechsler

Erst 2010 beschloss Katharina Wechsler ihre Karriere in der Berliner Medienwelt aufzugeben. Zurück zur Scholle auf den elterlichen Hof, in die Heimat Westhofen. Und alles selbst machen, malochen sieben Tage die Woche, nur der Vater hilft mit.

Riesling Morstein 2022