Weingut Wagner-Stempel: Spätburgunder Siefersheim Ortswein 2023

Weingut Wagner-Stempel: Spätburgunder Siefersheim Ortswein 2023

BIO

VDP

Zum Winzer

Spätburgunder 100%
rot, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2027–2033
pikant & würzig
seidig & aromatisch
frische Säure
Lobenberg: 93–94+/100
Galloni: 91/100
Deutschland, Rheinhessen
Allergene: Sulfite
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Siefersheim Ortswein 2023

93–94+
/100

Lobenberg: Genau wie bei seinen Rieslingen, verfolgt Daniel Wagner auch beim Pinot Noir einen sehr reduktiven, spannungsgeladenen Stil. Der Siefersheimer Ortswein kommt aus einer hochgelgenen Parzelle am Horn, auf sehr kargem Porphyr, die Reben struggeln hier richtig. Das ist schon ziemlich abgefahren und braucht initial auf jeden Fall viel Belüftung in dieser rauchigen Würze. Die 2023er haben nur 10 bis 20 Prozent Ganztrauben-Anteil in der Gärung, das Ganze geschieht im Edelstahlfermenter mit zartem Überschwallen zwei Mal am Tag. Dann Umzug in die Barriques zur fertigen Vergärung und zum Ausbau. Die 2022er waren etwas reduktiver, 2023 ist offener und mehr charming. Sehr aromatisch, zugleich mit hoher Spannung. Würzige Sauerkirschfrucht, schwarze und rote Johannisbeere, dunkle Valrhonaschokolade, schwarzer Pfeffer. Wir gehen in 2023 etwas weg von der Rauchigkeit und hin zu mehr Fruchtcharme. Aber es bleibt Pinot Noir aus den Händen eines Weißwein-Winzers mit so viel Zug und schlanker Elektrizität. 2023 ist köstlich in seiner kühlen, eleganten Beerenfrucht. Die Tannine sind geschmeidiger als im herberen 2022. 2023 ist in seinem Charme mehr everybody’s Darling als das brachialere Vorjahr.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

91
/100

Galloni über: Spätburgunder Siefersheim Ortswein

-- Galloni: This is still extremely youthful and definitely needs decanting, but a wealth of forest berries and dry forest floor character emerges as the wine aerates in the glass. Terrific herbal energy. A serious tannin structure, but the tannins are fine and interlock beautifully with the chalky acidity. From organically grown grapes. Drink or hold.

Mein Winzer

Weingut Wagner Stempel

Daniel Wagner ist der Meister des Vulkans, dabei liegt sein Weingut in Rheinhessen – zumindest gerade noch so. Mit seinen ultra-mineralischen Rieslingen hat er sich in den letzten Jahren mit in den Olymp der dynamischsten Weinregion Deutschlands aufgeschwungen.

Spätburgunder Siefersheim Ortswein 2023