Lobenberg: El Pisón ist die Top-Lage von Artadi. Natürlich auch hier biodynamisch bearbeitet, das ist klar. Der Weinberg wurde vom Großvater von Juan-Carlos angepflanzt und ist jetzt 80 Jahre alt. Immer biologisch bearbeitet, nie anders. Seit vielen Jahren schon umgestellt auf Biodynamie. In allen Weinbergen der Top- Lagen von Artadi werden inzwischen nur Pferde zum Pflügen eingesetzt. Die Erde wird im Frühjahr aufgebrochen, um den Reben Luft und Feuchtigkeit zuzuführen, und dann Ende Mai wieder angefüllt. Im Herbst geschieht das Gleiche nochmals. Die Handarbeit hier ist extrem. El Pisón ist eine Amphitheaterlage und bildet zusammen mit El Carretil die Speerspitze Artadis. El Pisón hat einen etwas höheren Lehmanteil, die Weine sind deshalb etwas reichhaltiger, etwas wuchtiger als der El Carretil. Die Rioja Alavesa hatte am 28. April 2017 große Frostverluste , teilweise bis zu 50% in Artadis Cru-Lagen. Dann eine sehr frühe Blüte. Das Überlebende hat dann um so mehr Intensität gebracht, winzige Erträge. Das Jahr war wie überall in Europa 2 Grad im Durchschnitt wärmer. Keinerlei Regen im August bis Oktober, aber kühle Nächte. Das Ergebnis ist vollreif und unglaublich dicht mit grandioser Frische. Nicht so blumig und stylisch fein und elegant wie das vielleicht best ever Finesse-Traumjahr 2016, eher trotz Frische wuchtig und fast schwarz. Alles erinnert mich an die Größe der Nordrhone in 2017. Nicht besser als 2016, ganz anders, aber total imposant. Stylistisch erinnernd an den großen Jahrgang 2004, sensationell voll und reife und total geschliffen samtige, reiche Tannine, satte Frucht, alle Lagen zeigen dabei dramatisch unterschiedliche Terroirexpression. Ein fast einzigartiges Jahr! Was den Jahrgang 2017 eint bei Artadi, und das hatten wir auch schon an der Rhone und in Bordeaux, ist diese durchlaufende Lakritz- und Eukalyptus-Note. Eine Spezifität der großen Wärme und gleichzeitig der kühlen Nächte des Herbstes. Dazu kommt die geniale Frische, die wie schon 2016 sämtliches neues Holz schluckt. Artadi 2016 und 2017 sind reine Frucht und seidige Tannine ohne störenden Neuholzeinfluss.Der Pison ist die Vervollkommnung der Nase von La Poza de Ballesteros. Er kommt nicht so Cabernet-Franc-artig wie Carretil, aber er kommt eben auch nicht so fett wie in manchen Jahren, bspw. 2015, rüber. Pison 2017 ist genauso fein im Tannin und in der Nase wie 2016. Schwarz zwar, undurchdringlich. Aber die Nase ist voll auf der Schwarzkirsche laufend und tänzelt dabei. Im Mund kommt dann viel Zug dazu. Wir bleiben auf schwarzer Kirsche, kriegen Maulbeere, aber in einer nicht süßen Form. Wenn es so etwas gibt. Bekommen auch ein bisschen schwarzes Cassis dazu mit satt Lakritz. Aber auch die Lakritze ist nicht süß, ist nicht fett, sondern nur unendlich dicht und lang. Das Ganze mit Eukalyptus und Minze. Ein bisschen Orangenzesten dazu, sogar etwas Zitronengras. Ins Unendliche laufend. Gar nicht wieder verhallend. Ich tu mich echt schwer, diesem El Pison den leichten Malus nach dem 2016er zu verpassen. Denn in Wirklichkeit ist der Pison 2017 auf dem gleichen Level mit diesem unendlich geschliffenen Tannin und dieser Frische. Und was ich beiden Jahrgängen 2016 und 2017 attestiere, weil sie selbst so große Frische, so tolle Säure haben, ist, dass das Holz nicht spürbar ist. Atardi hat sich in den letzten beiden Jahrgängen meines Erachtens nach weg bewegt von der zu großen Dominanz. Von der Harmonie liegen 2016 und 2017 auf einem höheren Level als 2015, in dem die Moderne des Ausbaues bei Artadi deutlich dominanter war. So gesehen sind 2016 und 2017 für mich die harmonischeren Jahrgänge und dieser 2017er El Pison, ja ich muss ihn einfach auf den gleichen Level stellen wie 2016. 99-100/100