Riesling Graacher Himmelreich Großes Gewächs 2023

Thomas Haag / Schloss Lieser: Riesling Graacher Himmelreich Großes Gewächs 2023

VDP

Zum Winzer

97–100
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2030–2054
Verpackt in: 6er
9
frische Säure
mineralisch
3
Lobenberg: 97–100/100
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Graacher Himmelreich Großes Gewächs 2023

97–100
/100

Lobenberg: Diese Lage hat Thomas Haag erst vor einigen Jahren erworben. Sehr alte Reben. Dies ist eine der auch von der Ausdehnung großen Spitzenlagen der Mosel mit fast mythischem Klang. Die Lage schließt sich an den Graacher Domprobst an und liegt in unmittelbarer Entfernung zur Wehlener Sonnenuhr. Sie ist sicherlich auch wegen Prüm eine der bekanntesten Lagen für Süßweine. Aber Thomas Haag macht hier ein Großes Gewächs, keinen restsüßen Wein. Das Himmelreich ist dunkler und kerniger in der Mineralität als die benachbarte Wehlener Sonnenuhr, die immer die große Feinheit ist. Thomas lässt die Großen Gewächse immer lange gären und es dauert lange, bis sie überhaupt filtriert und abgestochen werden, bis Anfang Juli. Dann werden sie im Spätsommer gefüllt. Die Nase dieses GGs ist kristallklar und hochfein, aber durchaus intensiv. Wow, ich glaube das Himmelreich ist mein Favorit dieses Jahr. Krachende Spannung, enorm mineralgetrieben. Der Wein zieht Salzspuren durch die Nase und den Mund. Energie, Energie, Energie! Weißer Pfeffer, nasses Gestein, Litschi und Orangenschale. Eine irre Spannung, eine Pikanz, denn dieser Wein hat richtig tolle, mineralische Schärfe. Er ist völlig botrytisfrei, ganz puristisch, aber mit einer salzig, mineralischen Schieferschärfe, die sich unendlich zieht. Unglaublich wie scharf und spannungsgeladen das Himmelreich aus diesem fruchtstarken Jahrgang ist. Ein großer Riesling, pures Mineral! Im extrem langen, schlank und rassig definierten Finale kommt diese dunkle, fast mysteriöse Mineralität wieder zum Tragen. Für mich mit in der ersten Reihe der Mosel dieses Jahr.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Thomas Haag / Schloss Lieser

Ein klassischer Wein von der Mittelmosel stellt so ziemlich das luftigste und leichteste dar, was an Wein möglich ist. Dabei sind es keine Leichtweine, sondern äußerst vielschichtige Tropfen mit subtilem Gleichgewicht, wenn sie so gelungen sind wie die Weine von Thomas Haag.

Riesling Graacher Himmelreich Großes Gewächs 2023