Lobenberg: Dirk Würtz, der ja jetzt federführend bei St. Antony ist hat sich entschieden alle GGs zu 100 Prozent im Edelstahl zu vergären und auszubauen. Komplett spontanvergoren, während des gesamten Prozesses und auch zur Füllung nur sehr niedrig geschwefelt, das ist spürbar, die Weine zeigen sich offen, klar und zugänglich, selbst im jungen Stadium eher leicht oxidativ, zumindest keineswegs reduktiv, trotz des Stahlausbaus. Über 6 Wochen gelesen in vielen Durchgängen, extrem selektiv. In 2024 gab es ausgedehnte Maischestandzeiten, dann langsam über 8 bis 10 Stunden oxidativ gepresst. Verbleib in den frühen Sommer des Folgejahres auf der vollen Hefe, dann abgezogen. Man hält die Nase ins Glas und boom! Alle GGs nacheinander probiert, kommt man im Pettenthal nochmal in einer eigenen Welt an. Für den Roten Hang war 2024 ein geniales Jahr, da hat alles gestimmt. Diese warmen Terroirs am Rhein struggeln mit zu großer Hitze und vor allem zu großer Trockenheit, beides war 2024 nicht der Fall. Null Trockenstress, zudem ein moderater, kühlerer Sommer mit später, aber solider Reife. Die Alkoholgrade sind angenehm tief geblieben für die GGs, auch das trägt zu diesem wahnsinnigen Trinkfluss von 2024 bei. Trocken durchgegoren, aber mit den hohen Extraktwerten wirkt es viel satter, runder und dichter als erwartet. Das ist physiologisch total reif, hat so viel Saft und Kraft. Wir gehen einmal durch alle Agrumenzesten von Yuzu bis Grapefruit, schnurgerade, läuft wie an Scheuklappen, rassig, energiegeladen. Eine ungeheuerliche Mineralität entlädt sich im Mund, viel Struktur, massiver Stein im Mund. Alles wird auf links gebürstet von dieser aufregenden Struktur, schiebt nochmal gewaltig nach im Ausklang, rollt immer wieder hoch, mit all dem dunklen Mineralspiel, das diese Lage so unvergleichlich macht. Pettenthal ist eine eigene Liga dieses Jahr.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!