Lobenberg: Der Scharzhofberg profitiert in heißen Jahren immer ganz besonders, da er von Natur aus eine eher kühle Lage ist, der Boden ist durch unterirdische Quellenverläufe gut mit Wasser versorgt, darüber hinaus liegt er in einem Seitental das stetig von kühlen Abwinden durchzogen wird, gleichzeitig ist die Exposition der Reben zur Sonne allerdings perfekt. Diese Kombination aus kühlem Terroir und dennoch perfekter Sonnenexponiertheit macht die Besonderheit dieser Lage aus und gerade in den warmen Jahren ist das hier eigentlich die perfekte Lage. Die Analogie von 2018 zu 2011 stimmt in verblüffender Art und Weise, in der Spätlese haben wir, anders als beim Kabinett und Gutswein, dann eine Säurestruktur, die ziemlich genau der von 2011 entspricht. Sowohl von den Fruchtprofilen, als auch vom Zucker und den Säuregehalten sind wir laut Egon Müller hier relativ nah am 2011er Niveau. Und dennoch haben wir auf Grund der verblüffend niedrigen pH-Werte in 2018 eine deutlich größere gefühlte Frische am Gaumen. Da es auch in der Spätlesequalität in 2018 überhaupt keine Botrytis gab haben wir hier eine ganz außergewöhnliche Reintönigkeit und pure Reife der Frucht in der Nase, das ist der reinste Traubensaft. Aber eben nicht zu dick und üppig, nicht zäh und viskos botrytisiert, sondern ganz fein, ganz leicht, fast durch den Mund schwebend, dabei tolle Frische zeigend. Bereits die Nase ist pikant, feine Birne, leichter Apfeltouch, kühl und elegant, fast abgehoben, nichts Spitzes, alles ist getragen. Der pH-Wert lag bei 2.9, daraus baut sich diese wahnsinnige Frische und Eleganz auf, auch bei für den Scharzhof moderateren Säuren in dieser Spätlese. Trotz der 70 bis 80 Gramm Restzucker ist nichts von der Süße fordernd oder schwer, alles bleibt filigran und leicht, quasi eine richtig trinkige Spätlese. Immense Reife der Frucht, aber eben total gesunde, cleane Frucht, überhaupt kein Hauch von Botrytis. Einfach nur ein hochreiner, getragener Wein von unglaublicher Feinheit. Das hätte ich so überhaupt nicht vermutet, diese Spätlese ist wirklich mit Freude trinkbar, auch für mich als Trockentrinker. Von dieser Spätlese hat Egon Müller allerdings noch ein Fuder im Keller, das weiterhin gärt und sollte es trocken durchlaufen dann möglicherweise als Scharzhofberger GG erscheinen könnte, in jedem Fall ein spannendes Experiment. Diese Spätlese macht definitiv ganz große Freude und wird für immer ein schöner Wein bleiben. Großer Stoff. 100/100