Lobenberg: Der Chardonnay stammt aus der Lage Höllenweg, reiner Muschelkalk, die Parzelle sitzt in der Hangmitte. Carsten Saalwächter liebt Spannung und Frische im Wein, die Lese findet immer eher früh statt, dennoch haben die Weine immer auch Power und Dichte. Der Chardonnay wurde ohne Standzeit direkt gepresst, und zwar hart gepresst. Wie es Hanspeter Ziereisen auch macht, Pressen mit großem Druck. Keine Vorklärung, also mit ordentlich Trub ins Fass. Spontane Vergärung im großen Holz, keine Barriques. Feine, eher kühle, helle Frucht. Man wird von dieser Nase komplett auf den Irrweg geschickt. Jura-Chardonnay, Chenin Blanc aus dem Anjou? Die Nase ist sehr feingliedrig trotz ihrer Intensität. Weißer Pfirsich, grüne Birne, Litschi. Insgesamt eher reduzierte Frucht, dafür viel Kreide, Austernschale und allgemein sehr viel Frische. Auch am Gaumen mit feiner reduktiver Spannung, weißer Pfirsich, Druck und Intensität, aber auch hier eher über salzige Mineralität und feines Gestein laufend als wirklich über die Frucht. Es wird nicht gelbfruchtig, wir bleiben eher weißfruchtig, steinig, drückend, lang. Besonders angenehm finde ich die Säurestruktur in diesem Wein. Denn sie ist prägnant genug, um Fokus und Präzision zu geben, aber nicht so einschneidend und aggressiv wie sie viele früh gelesene Chardonnays haben können, gerade auch aus dem Burgund manchmal. Der Wein ruht in sich, hat sich gefunden. Der Chardonnay weist eine für Carstens Handschrift fast ungewöhnliche Samtigkeit am Gaumen auf, ist aber dennoch frisch, präzise und fein, deshalb finde ich das gar nicht unpassend. Wer mehr die Spannung und den modernen Burgunder-Elektroschock sucht, der ist mit dem Weißburgunder Hoher Fels oder dem Silvaner Grauer Stein besser beraten. Wer aber diesen etwas zarteren, weicheren Charakter bei dennoch hoher Frische und Spannung sucht, der wird diesen Chardonnay lieben. Ich finde das passt hervorragend. 95+/100