Lobenberg: Der Wein stammt von den jüngeren Reben aus den Kiedricher Berglagen, Klosterberg, Turmberg und Gräfenberg, also die Top-Lagen des Hauses. Der Kiedricher zeigt also schon deutlichen Berglagen-Charakter. Moderat reifes Lesegut, bei dem Wilhelm Weil vor allem auf Balance und Eleganz achtet, es wird keine zu hohe Reife angestrebt, sondern immer die Harmonie aller Elemente. Nach einem erneut historisch trockenen und sehr sonnigen Sommer, kamen Regenfälle gegen Herbst. Die Trauben waren allerdings weitgehend sehr gesund, es gab nur sehr wenig Botrytis. Das Team war dennoch fleißig in den Weinbergen unterwegs und hat komplett biologisch gearbeitet, die Zertifizierung folgt demnächst. Die Trauben werden gemahlen und auf die Kelter gegeben. Die Partien, die im großen Holz ausgebaut werden, bekommen eine kurze Maischestandzeit. Der Ausbau geschieht zu einem Drittel im Stückfass. Generell wird immer spontan vergoren. Die Gärung verläuft zügig, BSA wird komplett vermieden, um die Eleganz, die Fruchtigkeit und die lebendige Säure zu erhalten. Der Kiedricher hat schon deutlich mehr Dampf und Dichte als der Gutswein, hier spürt man schon die Kraft aus den hochwertigen Böden und dem kurzen Schalenkontakt, sowie dem Holzeinsatz. Die Nase zeigt viel frische Weintraube, supersaftigen Pfirsich, aber eben auch schon Graphit und Feuerstein, den der Gutswein in dieser Form nicht zeigt. Der 2022er Jahrgang hat eine ganz ruhige Mitte, alles greift ineinander, verbindet sich zu einem runden, balancierten und saftig-feinen hellgelben Fruchtdruck. Seidig-reife Säurespur, leichtes Salz an den Zungenrändern, schon kraftvoll und reich, aber eben sehr elegant und fein. Ein bisschen wie das 2020 auch schon war, aber 2022 zeigt sich schon zugänglicher, gewissermaßen genussvoller, weil die Weine so zugänglich und geschmeidig sind. Weils Kiedricher ist ja im Grunde DAS Preisleistungswunder überhaupt. Einfach eine unerschütterliche Bank. 94/100