Lobenberg: Das ist die rechtseitige Nachbarlage vom Marcobrunn. Lösslehm als Oberboden, darunter Ton und Quarzitmergel. Über 50 Jahre alte Reben. Insider bezeichnen den Siegelsberg eigentlich immer als den größeren Marcobrunn, weil die Lage so expressiv ist. Der Marcobrunn braucht viel länger, der Siegelsberg zeigt eigentlich von Anfang an alles. Der 2017er wurde als Ganztraube zwei Tage kalt mazeriert, dann abgepresst und spontan vergoren.Im ersten Moment bin ich etwas überrascht von der Nase. Ich hätte mehr Hochreife und mehr Wärme erwartet, aber der 2017er Siegelsberg kommt zwar mit wunderschöner reifer, deutscher Frucht rüber: Apfel, Birne, Weintraube, aber er ist gleichzeitig auch cool und schick und erinnert an 2016. Ich denke, die leichte Phenolik der Standzeit macht aus diesem tendenziell sehr warmen Jahr, das gleichzeitig die Frische aus dem kühlen August bewahrt hat, dieses stylisch coole GG – was Siegelsberg schon 2016 war. Trotzdem bin ich gespannt auf den Mund, weil die Opulenz und hohe Aromatik der deutschen Frucht, die ganz ohne Zitrusfrucht daherkommt, schon neugierig macht. Aber der Mund ist dann eine kleine Explosion. Das ist schon verdammt gut. Das ist vielleicht nicht ganz so super stylisch wie 2016, dafür hat 2017 vielleicht aber noch etwas mehr Druck. Diese Wärme der Frucht, diese leichte Phenolik, die Massen von kalkigem Salz, die nach hinten durchschieben. Dazu leichte Orangenzesten an den Seiten sowie viel Zitronengras. Deutliche Teespur. Eher grüner Tee. Und daneben Quitte mit einer famosen Säure. Ein wenig Kumquat dazu. Nichts Exotisches, das heißt der Wein ist komplett clean von Botrytis. Also eine schöne Kombination von dieser reifen, europäischen Frucht, von dieser Wärme und dieser satten Mineralität und der wirklich famosen Frische. 2016 ist in sich ein bisschen stimmiger und stylisch, ein schicker Wein. 2017 ist ein bisschen polarisierender. Der Wein schlägt ein bisschen mehr zu beiden Seiten aus. Wir haben von allem mehr, d.h. der Wein fordert mehr heraus, und er ist am Ende auch anstrengender als der 2016er, der einfach einen gnadenlos guten Trinkfluss hat. Bei 2017 muss man ab und zu innehalten, weil man einfach überwältigt wird. Trotzdem ein großer Wein. 97-98+/100