Lobenberg: 1954 gepflanzt. Der Schlehdorn ist eine kleine Parzelle, die am Großen Gewächs Saint Nikolaus liegt. Die Familie Kühn hat 2003 diesen Weinberg von der Kirche übernehmen können. Der erste Jahrgang war dann 2006. Es sind nur 1000 Quadratmeter Schlehdorn, im Rahmen von einem Hektar Saint Nikolaus. Der Vorgang ist folgender: Die Weine werden ganz behutsam aus dem Weinberg als Ganztraube geholt, ohne jegliche Verletzungen und ohne das, was eventuell angequetscht wurde. Dann werden die Trauben als Ganztrauben über 10 Stunden und anfänglich nur 0,2 Bar Druck ganz langsam gepresst. Es gibt also ein bisschen Phenolik über diese lange Pressdauer. Das Ganze wird ohne Pumpvorgang von der Presse direkt in den Keller gegeben und kommt zur Vergärung in ein Halbstückfass. Die Vergärung erfolgt dann spontan. Nicht bewegt, nicht geschüttelt, keine Batonnage. Der Wein macht eine malolaktische Gärung durch und verbleibt komplett für 30 Monate auf der Vollhefe. Unberührt. Direkt davor habe ich den Landgeflecht probiert, der in einer ähnlichen Rezeptur gemacht wird. Nur dass wir hier beim Schlehdorn nochmals in einer anderen Qualitätsliga sind. Der Wein ist deutlich versammelter und strukturierter. Die Oxidation und Reife verliefen in einem völlig anderen Turnus. Quitte, Bratapfel und eine unbeschreibliche, dichte Aromatik steigen aus dem Glas. Auch hier wieder die Assoziation an Vina Tondonia, vielleicht sogar eher noch Chateau Musar. Aber auf jeden Fall reife, weiße Weine. Der Schlehdorn hat viel mehr Schmelz und Gripp als das Landgeflecht. Das Ganze hat eine ungeheure Dichte. Nur das riechen reicht. Die Aromatik berauscht. Und was die Nase andeutete, setzt sich im Mund fort. Viel mehr Dichte als im Landgeflecht. Wucht und trotzdem diese hohe Reife. Dieser durch die lange Hefelagerung, hervorgerufene Schmelz, dieser total salzige Gripp zusammen mit der reifen Quitte und dem Bratapfel, und hinten raus Reneklode, auch schöne Säure. Das Ganze mit diesem feinen Jahrgang 2014 gibt eine Balance und Harmonie der anderen Art. Ich glaube nicht, dass es einen anderen Riesling dieser Art in Deutschland gibt, selbst Ernie Loosens Reserve Qualitäten, die 2 Jahre auf der Hefe bleiben, erreichen nicht diese fast monumentale Perfektion in Reife und Spannung zugleich. Das ist eine Ode an die Freude. Der Schlehdorn hat sich über viele Jahre immer weiter entwickelt. Wir sind von ursprünglich zwei Jahren Hefelager auf jetzt 3 Jahre angewachsen. Und diese Ruhe und unangestrengte Kraft, die der 2014er Schlehdorn ausdrückt, ist nochmals eine Stufe über den früheren Schlehdorns, die auch bisher schon das Beste darstellten, was Deutscher Riesling kann, wenn man denn diese cremig, burgundische Reife, sekundäre und tertiäre Aromatik eines Weines liebt. Diese Anmutung aber, und da bin ich mir ganz sicher, wird sich über Jahrzehnte halten. Bei diesem Wein kommt es gar nicht so sehr darauf an, ob man ihn jetzt trinkt oder in 20 Jahren. Das wird immer grandios bleiben. 98-100/100