Lobenberg: Dirk Würtz, der ja jetzt federführend bei St. Antony ist, hat sich entschieden alle GGs zu 100% im Edelstahl zu vergären und auszubauen. Komplett spontanvergoren, während des gesamten Prozesses und auch zur Füllung nur sehr niedrig geschwefelt, das ist spürbar, die Weine zeigen sich offen, klar und zugänglich, selbst im jungen Stadium eher leicht oxidativ, zumindest keineswegs reduktiv, trotz des Stahlausbaus. St. Antonys Parzelle im Hipping heißt Käferberg, diese liegt im hintersten Teil des Hippings direkt an den Brudersberg und das Pettenthal angrenzend. Das Besondere hier ist, dass die Parzelle nordwärts gerichtet ist, natürlich ein besonderer Segen, weil so die Kühle und die Frische eher bewahrt werden konnte. Die Rheinfront insgesamt ist natürlich ein ziemlich warmer Fleck eigentlich. Wie viele Topwinzer presst auch St. Antony sehr langsam, über 6 bis 8 Stunden mit viel Luftkontakt, um eine gewisse Phenolik zu erhalten und um etwas Mostoxidation zuzulassen. Biodynamisch. Ein Touch Naturwein, aber gerade auf der Kante bleibend, um dennoch unverkennbar fruchtig und eindeutig Riesling zu bleiben. St. Antony Riesling trocken Hipping kann so gnadenlos schick und verspielt sein. Diese Lage von der Rheinfront ist einfach famos. 2019, mit dieser wahnsinnigen Frische und gleichzeitig unglaublich saftig. Dieser riesige Oszillograph. Wir kommen mit einer wunderschön verspielten, fast gelben Frucht von diesem roten Stein. Auch ein bisschen rote Johannisbeere neben Reneklode. Letztere ist die Hauptfrucht der deutschen Rieslinge in 2019. Daneben reife Birne und schöner reifer Sommerapfel. Auch ein bisschen Aprikose und Quitte. Orangenabrieb. Spielerisch. Leichte Salznote und etwas Pfeffer in der Nase. Der erste Mundeintritt: Einfach nur lecker, köstlich und pikant. Rote und weiße Johannisbeere. Aprikose und auch wieder Reneklode. Ganz viel Zitronengras, in Zucker gewendete Limette. Orange. Feine salzige, an Kalkstein erinnernde Mineralität im Finale. Kein Riese, kein Powerwein, sondern einfach eine verspielte, tänzelnde Köstlichkeit. Die Säure ist total präsent, aber total reif. Nichts Spitzes, als habe der Wein sogar eine Malo durchlaufen. Da würde ich sogar drauf wetten. Nur Weinsäure. Auch eine fast cremige, milde, burgundische Säure, die aber reichlich vorhanden ist. Das Ganze mündet in diese salzige Mandarine, fast in Karamelle liegend. Leichte Holzspur trotz fehlendem Holzausbaus. Der Wein steht für zwei Minuten. Nein, das ist nicht die allererste Reihe in Rheinhessen, aber das ist eine famose Spielerei und eine famose, delikate Köstlichkeit. Ein richtiger Leckerbissen, der immer ausgetrunken werden wird. 97-98/100