Lobenberg: Die Lage Niederberg Helden ist die älteste der GG-Lagen von Thomas Haag von Schloss Lieser. Die hat er quasi mit der Übernahme des Weinguts als GG vorgefunden und geerbt. Für Helden steht Schloss Lieser quasi historisch. Zudem stehen hier die ältesten Reben des Weingutes. Eine sehr warme und reiche Lage. Und wäre Thomas Haag nicht auch der Meister der Finesse, könnten hier durchaus zu üppige und schwere Weine entstehen. 2021 ist dann schon ein ganz außergewöhnliches Jahr, weil es einerseits diese immense Dichte und Konzentration hat, andererseits ist es diese steinig-puristische, kühle und schlanke Präzision im Ausdruck. So ein kühleres Jahr mit etwas niedrigerer Reife und strammer Säurestruktur passt hervorragend zum wärmeren Helden. Viel helle Frucht in der Nase, dazu eine feine Zitrusunterlegung, Limettenzeste, schön griffig und dicht. Fokussiert und präzise schon im Duft. Was für ein genialer Riesling, absolut geradeaus mit der milden, fast kreidig wirkenden Zitrusfrucht, die fast etwas an Chablis denken lässt. Er hat durchaus etwas Burgundisches, etwas Cremiges, aber im 2021er schießt diese vibrierende, mundwässernde Säurespur dazwischen und lädt den Wein mit einer immensen Spannung und Energie auf. Nasser Stein und leicht erdige Würze, heftig zupackende Struktur, grandiose Dramatik bis ins langanhaltende Finale. Immer Liesers wuchtigstes GG, aber in 2021 bekommt es Flügel aus der Frische trotz dieses enormen mundfüllenden Auftritts. Ein Megajahr für den Helden! 96-98/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.