Lobenberg: Der Hallgartener Hendelberg ist grundsätzlich eine Erste Lage. Es ist die höchstgelegenste Lage in diesem Teil des Rheingaus, direkt am Waldrand. Kühl. Steile Südwesthänge mit Phyllitschiefer. Der Weinberg profitiert immer von dieser sehr kühlen Klimazone, die durch markante Winde noch verstärkt wird. Im Zuge des mediterranen Klimawandels ist diese Kühle natürlich perfekt. Aus dem Hendelberg hat die Familie Kühn den besten Teil separat gelesen, in einem perfekten und langen Herbst. Diesen Teil des Hendelbergs nennen sie Kapelle, da am Fuß eine kleine weiße Kapelle steht. Der Wein ist vergoren in einem zehn Jahre alten Stückfass, wo der Wein dann auch bis September 2019 auf der vollen Hefe ruhte. Es folgte der erste Abstich, und nun liegt der Wein immer noch mit der Feinhefe im Edelstahl. Erst Ende April 2020 wird er gefüllt werden und dann frühestens im September 2020 in den Verkauf kommen. In Fakten: 100 Prozent Handlese, schonende Ganztraubenpressung, spontane Vergärung mit den natürlichen Hefen und 16 Monate auf der Vollhefe im großen Holzfass ausgebaut. Die Weinberge liegen bis auf 300 Höhenmeter hoch. Das Besondere an meiner Verkostung im Corona-Studio ist sicherlich, dass ich mich nach all den explosiven 2019er Rieslingen wieder runteratmen muss auf 2018. Was kann es da Besseres geben als die Weine von Peter Jakob Kühn? Weil sie doch so unglaublich elegant sind, weil sie die Finesse pur sind und in ihrer Cremigkeit und Geschmeidigkeit über den langen Fassausbau eine besondere Feinheit und Harmonie entwickeln. Sie kommen nicht über die Zitrusfrucht und über die extreme Aromatik, sondern sie kommen über einen burgundisch-feinen Ansatz. Und dazu passt das Jahr 2018 meines Erachtens ziemlich perfekt, weil es so stylisch und chic ist, weil es nicht laut ist. Quitte, reife Birne in der Nase. Ein bisschen Rauch, ein bisschen Minze, weißer Pfeffer. Ein kleiner Touch Chenin Blanc von der Loire. Im Mund dann aber eindeutig Riesling. Zwar keinerlei Aggression aus der Zitrusfrucht zeigend, aber diese doch komplett präsentierend. Limette, aber ohne vordergründige Säure. Eine sanfte Limette. Alles nur mit Weinsäure, keine Äpfelsäure. Der Wein hat die malolaktische Gärung durchlaufen, das heißt, dass alle verbliebene Äpfelsäure überwiegend in Weinsäure übergegangen ist. Der Wein ist cremig-burgundisch, lang und fein. Und dabei bleibt er trotzdem ein Riesling, weil wir Limette, Zitronengras, Tee und Orangenschale haben. Ist das eine feine Interpretation. Das mag ich, das schätze ich. So sanft und trotzdem so eindeutig. Mittlerer Nachhall, nicht anstrengend, feinst verwoben. Leichte Biskuitnote darunter, obwohl er ja kein neues Holz gesehen hat. Cremige Quitte im Abgang, mit etwas Salz und einem an Kalkstein erinnernden Schiefer-Touch. Ein sehr schicker Wein. Ich hoffe, dass die Kühns diesen Hendelberg R in dieser Art beibehalten, weil er so viel Freude macht und weil er zusammen mit den anderen Unikaten eine Antwort Deutschlands auf Burgund sein kann. Weil er dem Riesling das Anstrengende und Aggressive nimmt. Toller Wein. 97-100/100