Riesling Chara *** 2021

Alexander Laible: Riesling Chara *** 2021

2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2023–2035
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
fruchtbetont
3
Lobenberg: 95/100
6
Deutschland, Baden
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Chara *** 2021

95
/100

Lobenberg: Chara ist Griechisch und heißt „die Freude“. Eine Hommage an die evangelische Kirche, die den Laibles in den schweren Gründungsjahren das Überleben sicherte. Der Wein wächst auf Kalkmergel, das ist Verwitterungsgestein mit Kalksteineinsprengseln, Kies, Sand und Granit. Extrem schwachwüchsige Unterlagsreben mit einem bei Spitzenwinzern hoch angesagten Rieslingklon, minimaler Ertrag. Ein Wein durchaus mit Anspruch und Dichte. Aber gar nichts Wuchtiges oder Fettes. Alexanders Weine stehen in der Ortenau, großteils in Sinsheim. Das sind kühle Standorte, man darf nicht an fettes oder heißes Baden denken, nein, das sind andere Standorte, die Alexander hier hat. Es sind kühlere, windige Hochlagen. Alexander sagt, dass diese Weinberge noch sicher 20 Jahre dem Klimawandel standhalten und weiterhin kühle, saftige und feine Rieslinge bringen wird. Die Mostgewichte bleiben hier immer recht stabil, liegen leicht über 90 Oechsle selbst in heißen Jahren. Der Chara war der erste Wein bei Alex Laible der tendenziell Richtung Größe marschiert, erhaben, geschliffen und elegant. Die Nase ist nicht nur traubig, wie bei den Einsteigern, sondern auch schon mit viel Schub von gelber Birne und saftigem Apfel, ein bisschen Muschelkalk in der Nase. Die satte Substanz aus ungewöhnlich hohen Extrakten von 2021 kommt schlägt hier noch mehr durch, da ist schon richtig Musik drin. Auch etwas Zitronengras, ein bisschen Salz. Im Mund dann ein Angriff auf alle Geschmacksnerven, der Wein hat unglaublich viel Schub, noch mehr als erwartet, hier kommt so viel Druck und Frische, extrem verspielt und dabei gleichzeitig spannungsgeladen und salzig. Das ist der Riesling mit deutlich mehr Knackigkeit, mit richtig mineralischem Dampf drin, hier kommt auch etwas Limette hinzu, Minze, tonisch, kühl, frisch, man spürt den rasanten Zug aus den kühleren Hochlagen. Die Frische von 2021 treibt den Wein unaufhaltsam durch den Mund, schlanke hellgelbe Frucht, Pfirsich, grüne Birne, wilder Fenchel, wieder minzige Noten, die das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Dieser packende Grip des Jahres mit dieser Frische, die die Augen zusammenziehen lässt, das ist schon ein ganz besonderer Kick, den dieser Jahrgang hat. Das ist ein Jahr für Rieslingfans, die Saftigkeit war selten so ausgeprägt, kommt fast mit der schlotzigen Art von Deidesheim in den Mund, bis die Mineralität wieder das Ruder übernimmt, kein braver Schmusewein, hier geht schon die Post ab. Das ist schon nicht mehr so ein einfacher Zechwein, wie der SL und der Kalkmergel, hier muss man sich schon ein wenig auseinandersetzen. Das ist mit seiner Dichte und Kraft ein Essensbegleiter, der aber dennoch unglaublich viel Spaß macht, was ja die Weine von Alex Laible alle auszeichnet, denn sie sind unglaublich saftig und süffig. 95/100

Jahrgangsbericht

Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.

Mein Winzer

Alexander Laible

Im Jahr 2007 war es so weit: Alexander Laible, Jahrgang 1978, der jüngere Sohn des erfolgreichsten Rieslingwinzers in Baden, erfüllte sich den Traum eines eigenen Weinguts im heimischen Durbach.

Riesling Chara *** 2021