Lobenberg: Eine Lage ist für Jürgen von der Marks Liedweine immer gesetzt: Kreuz am Tuniberg. Ein purer Kalkboden am Tuniberg. Bei Bewegungen des Rheingrabens in der Einszeit ist hier eine Kalkscholle an die Oberfläche gebracht worden und mit viel kalkreichem Löss bedeckt. Französische Genetik, 777-Dijon-Klone. Vom 2020er Liedwein gibt es rund 1000 Flaschen. Der Liedwein bekommt nur Francois Frères-Fässer, neu und zweitbelegt. Eine Top-Serie bei denen die Fässer drei Jahre anstatt wie meist üblich zwei Jahren. Unfiltriert abgefüllt. Je nach Jahrgang sind hier unterschiedliche Anteile von Rappen mit in der Gärung. Sehr reiche, intensive dunkle Herzkirsche, Wacholder, dunkles Kakaopulver, angeröstete Espressobohnen, Nelkenpfeffer. Der Mund ist in seiner Säurestruktur und Tanninpräsenz trotz seiner süßkirschigen Köstlichkeit eine herbwürzige Seite, auch wunderbar saftig, aber es ist kein zarter Schmusewein, sondern ein Gevrey-Chambertin in seiner Art. Die wollüstige dunkle Herbheit, die die Süße der Tannine eines vollreifen Jahres hier begleitet, hat dazu geführt, dass Jürgen zum ersten Mal einem heißen Jahr ein von Männern gesungenes Lied angedichtet hat im Titel. Normalerweise findet er heiße Jahre immer feminin im Pinot Noir, aber 2020 ist anders. Klar läuft es auf seidiger Extraktsüße von milder Schwarzkirsche entlangläuft, filigran und saftig, aber es kommt auch pfeffrig, immens fest und griffig, mit einer samtig-rauen Kakaoaromatik im Nachhall. Hedonistisch, druckvoll, reich und doch so fein. Das ist genau das Spiel, das Jürgen von der Mark so perfekt beherrscht. Ich finde das absolut großartig. 96+/100