Lobenberg: Nach sorgfältiger Handlese in 15 Kg fassenden Kisten werden die makellosen Trauben im Weingut langsam und gleichmäßig abgepresst. Anschließend wird 50 Prozent des Mostes in Barriques vergoren (die Hälfte davon neu, die andere Hälfte gebraucht), die zweite Hälfte wird in Stahltanks und Zement vergoren und ausgebaut. Nach sechs Monaten auf der Feinhefe mit regelmäßiger Bâtonnage (dem Aufrühren der Hefen, um dem Wein eine cremige Textur zu verleihen), wird der Blend erstellt und abgefüllt. Nach weiteren 12 Monaten Flaschenlager wird der Wein released. Leuchtendes Strohgelb mit einem Hauch Grün. Dieser Wein braucht ein großes Glas, um sein volles Aroma zu entfalten, denn kurz nach dem Öffnen ist der Holzausbau in Form von cremiger Vanille, Zimt und braunen Gewürzen zunächst im Vordergrund. Ich probiere den Wein über einige Stunden und beobachte gefesselt, wie er sich immer weiter öffnet und die herrliche Nase, die tatsächlich zu einem weißen Bordelaiser gehören könnte, immer mehr zum Vorschein kommt. Präzise, intensive Exotik: Mango, Papaya, Clementinen, Mandarinen, weiße Grapefruit und ein Hauch Jasminblüten. Allspice, dunkler Pfeffer und die dezent rauchige, graphitartige Mineralität machen an der Nase den Unterschied – das ist schon eine spannende Kombination aus total einladender Aromatik und einem ernsthaften Terroir-Abdruck. Im Mund hat der Poggio alle Gazze die griffige Textur eines leichten Rotweins. Mandarinen, Bitterorangen, gelbe Äpfel und Quitten. Ziemlich puristisch auf dem gelben Frucht-Spektrum laufend, mit einem Hauch warm-würzigen weißen Pfeffer, geflammten Salbei und der Bitterkeit immer intensiver werdender, mediterraner Kräuter. Der letzte Schluck ist der Beste! Meine Empfehlung ist es, den Wein zu karaffieren. Die Weißweine aus Bolgheri möchten so langsam auch ins Rampenlicht rücken! Absolut schicker Stoff!
Der Jahrgang 2023 stellte sich in Bolgheri zum Teil als echte Herausforderung dar. Der Winter 2022/ 2023 war relativ mild mit leicht überdurchschnittlichen Temperaturen und Niederschlägen. Dadurch trieben die Reben im ebenfalls regenreichen Frühjahr frühzeitig aus. Während des Frühlings wurden zum einen die Wasserreserven der Weinberge aufgefüllt, aber zum anderen bedeutete die Feuchtigkeit auch, dass viel präzise Handarbeit und Pflege der Reben, wie beispielsweise Entblättern, nötig war. Der Sommer war mit regelmäßigen Temperaturen um die 35°C relativ heiß, jedoch gab es keine Hitze-Spitzen. Kombiniert mit den großzügigen Wasserreserven des Frühlings, konnten die Trauben daher langsam und gleichmäßig reifen und eine hervorragende geschmackliche Konzentration erreichen. Ende August sorgten Regenfälle gemeinsam mit den kühlen Nächten im September zu einer bemerkenswerten aromatischen Komplexität, zudem wurde die ausgleichende Säure der Trauben bewahrt, welche die Harmonie bei phenolischer Reife bewahrte. Das Resultat ist ein früher zugänglicher, opulenter Bolgheri-Jahrgang mit wunderbarer, tiefer Konzentration, harmonischer Frische und schöner Eleganz. Die besten Weine haben zugleich durchaus ein bedeutendes Reifepotenzial.