Lobenberg: Champs Martin ist ein genialer Weinberg. Wenn man zu Bruno Lorenzons Domaine fährt kommt man unweigerlich daran vorbei, denn sie sitzt relativ zentral über dem Ort und steigt dann steil auf. Der Boden ist mergelig und von hellen Steinen übersäht, man erkennt Lorenzons Parzellen sofort an der irren Stockdichte. Es ist ein sehr besonderer Lieu-dit und wäre er in Puligny oder Meursault sicher ganz groß gefeiert. An der Chalonnaise braucht es allerdings einen Meister wie Lorenzon, der darauf aufmerksam macht. Diese Lage hat den puren Kalkstein in der reinsten Ausprägung. Uralte Reben mit Erträgen von unter 300 Gramm je Stock wegen der extremen Dichtpflanzung von 14.000 Stöcken je Hektar. Hochkonzentriert, dabei aber nicht die winzigste Spur von Fett. Um Brunos Rotweine zu verstehen, muss man sich etwas in die Philosophie eines Weißweinwinzers hineinversetzen, denn Bruno vinifiziert en rouge mit der selben Vision wie er Weißweine keltert. Er will die maximale Präzision, den Grip, die Schlankheit, den Trinkfluss und die gewissermaßen geschmeidige Textur eines Weißweines erzielen. Das ist verblüffend, denn gleichzeitig setzt er enorm viele Rappen ein und erzielt hohe Reifegrade durch seine extrem niedrigen Erträge. Aber er weiß genau was er tut und am Ende erreicht er sein Ziel in einer Weise, die manchem gar abstrus erscheinen mag. Doch es funktioniert, wie es bei Roberto Voerzio in Barolo und Francois Mitjavile auf Tertre Roteboeuf auch geht. Der Wein sieht so gut wie kein neues Holz, aber über 80% Ganztraubenanteil in der Fermentation sprechen eine eigene Sprache. Alle Pinot Noirs bekommen eine 3 bis 4-wöchige Kaltmazeration vor der spontanen Gärung. Nach der Pressung geht es nach dem Sedimentieren relativ clean in die Barriques aus überwiegend zweiter Belegung, manchmal gibt es überhaupt kein neues Holz. Die Barriques sind von einer befreundeten Tonnellerie aus eigens selektiertem und gelagertem Holz hergestellt. Die Nase ist dunkelwürzig, Schwarzkirsche, dunkle Valrhona-Schokolade, Kakaopulver. Sehr elegant, mit leicht mediterraner Extraktsüße, aber dennoch unglaublich präzise und sehr geradeaus. Gleichzeitig ist er mit dieser leicht schokoladigen Schwarzkirsche und seiner mundfüllenden Dichte eben auch sehr delikat, geradezu köstlich. Auch wenn der Wein momentan noch etwas in reduktive Spannung gehüllt ist, zeigt er an vielen Stellen Ansätze, was hier in drei, vier Jahren los sein wird im Mund. Die Reichhaltigkeit und Süße der Frucht bügeln die 80% Rappen einfach weg, momentan sie sind kaum zu spüren. Im Mund ist alles um eine sehr feine, lineare, strukturgebende Säurespur gewoben, dazu perfekte phenolische Reife, samtig, aber dennoch mit immensem Grip im Finish. Läuft nur geradeaus auf schwarzer und roter Kirsche, ganz klassisch burgundisch in der Frucht. Ungeheuerliche Konzentration ohne Fett oder Wucht, man muss diesen Lorenzon-Stil einfach lieben, denn es ist eine wahre Gaumenfreude. 96-97+/100