Lobenberg: Die Spätlese stammt überwiegend aus dem Josephshöfer-Teil der Lage, jüngere und ältere Reben. Wie es bei JJ Prüm auch immer der Fall ist, kommt das Graacher Himmelreich auch bei Molitor sehr stahlig, wild und kühl daher. Vielleicht einen Hauch weniger Reife ausstrahlend als die exponierte Wehlener Sonnenuhr, aber nicht weniger Druck und Intensität, nur anders, weniger über Frucht anschiebend, mehr aus nassem Feuerstein herrührend. Der Fruchtausdruck ist hier eher dezent, Amalfizitrone, Grapefruit, frische Tabakblätter und immer wieder diese fast staubige Gesteinsmehlanmutung. Ein kühler Mineralhammer, der im Glas nur langsam seine Schichten freilegt. In dem Schneckentempo, wie sich der Wein öffnet, wird er sicher ewig reifen und halten können. Der Mund zeigt dann, eben dank der minimalen Süße der grünen Kapsel, eine grandiose Balance, sogar einen zarten Schmelz, der den salzigen Mineralkern ummantelt und ihm etwas die Schärfe nimmt. Kandierter Ingwer, schlanke Quitte, Limettenzeste und Anklänge an Meersalz laufen konzentriert und fokussiert wie ein Pfeil über den Gaumen. Diese ganz feine, unterschwellige Cremigkeit gibt dann ein kleines bisschen burgundischen Charme dazu, der ja Molitors DNA und Handschrift ist. Der Wein vibriert vor Energie und ist trotzdem genial balanciert. Mit ein paar Jahren der Reife ist das eine Spätlese zum Niederknien, einfach schön. 94-96/100