Lobenberg: Chateau Retout ist ein Vorreiter für eine sehr kuriose Weißweincuvée, aber nur in allerkleinster Menge. Diese Cuvée wird auf nur gut 1,5 Hektar angepflanzt. Es wird eine überschaubare Anzahl von 10.000 Flaschen erzeugt. Hier wird per Hand und in zwei Durchgängen gelesen, was möglichst ist auf Grund der kleinen Anbaufläche. Es wird extrem aussortiert und manuell nachsortiert. Sowohl im Weinberg als auch auf dem Band. Die Pressung ist eine Direktpressung ohne Entrappung (Ganztraubenpressung). Dann wird das Ganze sofort gekühlt unter Schutzgas bei 4 Grad einige Zeit abgesetzt, aber völlig ohne Zugabe von Schwefel. Die spontane Gärung findet dann ca. 48h später nur im Barrique und in schmalen Holzfudern statt. Es gibt eine Bâtonnage innerhalb der ersten vier Monate. Die Lese für die Weißweine findet natürlich eher als für die Roten statt. Die Fermentation selbst dauert bis zu 24 Tage. Der Wein wird danach 9 Monate zu über 80% im Barrique ausgebaut. Diese sind zu einem Viertel neu. Der Rest bleibt im Stahl. Die 2018er Cuvée ist 40% Gros Manseng, 40% Sauvignon Gris, 10% Savagnin, 10% Mondeuse Blanche. Der Alkoholgrad liegt bei 13,5%, der pH-Wert bei 3,18, was schon auf die große Frische des Weines hindeutet. Dieser Wein ist ein Unikat in Bordeaux, völlig anders auf Grund der Rebsortenzusammensetzung. Und es ist natürlich auch ungewohnt im Medoc am Rande von Margaux einen Weißwein zu haben. Selbstverständlich hat auch Ch. Margaux einen eigenen berühmten Weißwein aus 100% Sauvignon Blanc, aber ansonsten sind es wirklich nicht viele. 2018 war das beste Jahr meiner Verkostungsgeschichte für den Pavillon Blanc von Ch. Margaux und ich weiß nicht ob es an der Region liegt dieses Jahr, aber Du Retout Blanc ist 2018 ein ähnliches Kaliber. Er ist zumindest gleichwertig zum unglaublich schönen, eleganten 2016er. 2018 ist etwas duftiger, etwas mehr Muskateinfluss, aromatischer, mit viel gelber und weißer Birne, Aprikose, fast an den Sauvignon Blanc von Ch. Margaux erinnernd. Ganz viel weißer Pfirsich, helle Melone, ein ganz leichter Hauch Mango und Papaya darunter, unglaublich fein und aromatisch. Manchmal denke ich, wieso geben Leute 100€ und mehr für einen Wein aus, wenn dieser extrem günstige Wein so eine wahnsinnige Aromatik hat. Okay ich gebe zu, im Mund ist es dann ein Unterschied, aber der ist auch gewollt. Wir haben durch diese Rebsorten Savagnin und Gros Manseng eine so große Eigenwilligkeit, einen so eigenwilligen Charakter. Da kommt ganz viel Feuerstein, da kommt Sancerre-artiger Silex, dann sind wir im Jura oder auch im Jurancon der Gros Manseng. Wir haben all diese Einflüsse dieser verschiedenen Regionen in diesen Rebsorten. Der Wein ist unglaublich komplex, feine Aromatik, aber intensiv, feine Bitterstoffe daneben, tolle Länge. Das ist ein wirklich unikathafter Wein mit einer genialen Aromatik und Geschmacksvielfalt. Aber noch einmal, kein Genießer sollte ihm mit der Erwartungshaltung eines klassischen weißen Bordeaux begegnen. Allerdings ist er auch kein Jurancon und kein Jurawein. Dafür ist er dann wieder zu kompatibel, denn er ist bei aller Extremität und Unikathaftigkeit immer auch unglaublich lecker, süffig, saftig und macht viel Freude. Aber den eigenwilligen Charakter muss man ihm einfach lassen und den muss man auch lieben. Das ist ein wirklich ganz superber Weißwein. 96-97+/100