Lobenberg: Vorbemerkung zum Jahrgang in Rioja: Das Jahr war geprägt von extrem hoher Feuchtigkeit im Winter, Schnee im frühen Frühjahr, ausreichend Feuchtigkeitsspeicher. Dann ein sehr warmes und schnelles Frühjahr mit schnellem Austrieb, ein sehr heißer Sommer, der in jungen Rebanlagen teilweise Hitzestress auslöste. Im September ausreichend Regen, um die ganze Reife wieder zu beschleunigen, teilweise zu viel und sich abzeichnende Fäulnis, und dann – wie in Europa in diesem Jahr so verbreitet – im September und Oktober den Jahrgang rettende trockene Tage und sehr kühle Nächte. Die Tage waren warm, aber nicht zu heiß. Das Ganze wurde somit final von großer Frische bestimmt. Artadi und alle Winzer in den Hochlagen von 600 und mehr Metern konnten warten bis zur ersten Lese Anfang Oktober, waren aber doch ein bisschen getrieben vor der Furcht vor Regen. Dann immer mehr zuwartend bei diesen perfekten Nacht- und Tageskonditionen. Man konnte wirklich Parzelle für Parzelle, je nach Reife und phenolischer Entwicklung, bis Ende Oktober oder Anfang November ernten. Artadi, Remelluri und Telmo Rodriguez waren die letzten in diesem Jahr, wo es ja nach Überwindung der ersten Furchtschwelle diesen ganzen Erntedruck im Oktober gar nicht mehr gab. Der Alkohol liegt um gut 14 Grad, was völlig normal ist. Der PH-Wert liegt um 3,3-3,4 und die Säure bei 4,3-4,4g/l. Das ist für einen Rotwein eine sehr beachtliche Größenordnung. - Artadi hat mit dem letzten Jahrgang die offizielle DO Rioja verlassen und ist jetzt außerhalb der Rioja. Die Weine werden nicht mehr als Rioja klassifiziert, da Artadi sich mit den Behörden nicht einigen konnte über die Lagenbezeichnung der Weinberge. Bei Artadi werden grundsätzlich alle Trauben komplett entrappt und das Ganze wird nur sehr vorsichtig eingemaischt und vielfach auch als ganzen Beeren vergoren. Er liegt dem Valdegines direkt gegenüber, getrennt durch einen kleinen Bach. Die Reben sind älter und die Exposition ist komplett West, d.h. wir haben hier die volle Tageswärme des warmen Nachmittags. La Poza ist dementsprechend immer deutlich voluminöser und im Gegensatz zu Valdegines immer vollreif. Das ist im Grunde stilistisch zwar auch Burgund, aber mehr in Richebourg-Stilistik. Schon die Nase zeigt dieses Mehr an Volumen. Wir sind deutlich stärker in süßer roter Kirsche, aber auch in schwarzer Kirsche. Kirsche auf jeden Fall ganz weit vorne, nicht so sehr die Johannisbeere und Schlehe der kühlen Lage Valdegines. Hier eine zwar sensationelle Frische des Jahrgangs, deswegen eben auch Kirsche und keine Brombeere oder Blaubeere, aber deutlich mehr Volumen zeigend. Schon in der Nase tolle Süße ausstrahlend, fast kreidige Noten. Der Untergrund ist argilo-calcaire mit Lehm und Kalk. Der Wein hat deutlich mehr Kraft. Das zeigt sich daran, dass man kein Holz riecht und schmeckt. Der Wein ist einfach nur fein, nur burgundisch, oder vielleicht auch wie ein Pomerol in diesem Jahr. Ein Wein zum Träumen. Der Mund hat unglaublich viel Grip, die Augen ziehen sich zusammen, Schärfe tritt in den Mund, wir haben hier diese Kirschfrucht, erweitert um die Dimension der salzigen und pfeffrigen Schärfe, roter Pfeffer mit feiner süßer Kirsche, weniger Sauerkirsche, mehr süße rote Kirsche, aber Pfeffer und Salz bringen das Ganze in diese Rassigkeit. Dann kommt schwarze Kirsche durch, aber wir bleiben komplett burgundisch oder eben auch im Pomerol-Stil 2015. Das Ganze zieht sich durch bis in ein zweiminütiges Finale mit grandioser Kalksteinschärfe, mit grandiosem Salz mit rotem Pfeffer. Das ist so pikant dieses Spiel von Säure, die wirklich massiv vorhanden ist, mit dieser dichten Frucht. Die Rassigkeit des kühlen Jahrgangs mit dieser von hoher Sonneneinstrahlung und warmem Sommer herrührenden Massivität. Das ist die Quadratur des Kreises. Das ist 2015, ein Jahr wie man es in dieser Feinheit bei gleichzeitiger Rasse und Dichte fast nie antrifft. Ich bin schwer beeindruckt. Valdegines war schon sehr schön, der la Poza de Ballesteros ist ein riesiger Wein, frisch und doch vor allem ganz reif! Wenn ich nicht wüsste, dass noch zwei Highlights danach kommen, würde ich ihm eine extrem hohe Bewertung geben. So bleibe ich vorsichtig und trotzdem ist der Wein groß. 97-98/100