Lobenberg: Die Trauben werden grundsätzlich nicht entrappt. Es wird entweder sofort gepresst oder angequetscht mit kurzer Maischestandzeit. Das allerdings nicht in jedem Jahr. Der Standard ist Sofortpressung der Ganztraube nach Eingang im Weingut. Etwas differenzierter: Alle Edelsüßen werden als ganze Trauben sofort gepresst um die Frische und Feinheit zu erhalten, dafür fehlt es ein wenig an Extrakt. Der Standardweg der 'normalen' trockenen ist malen und anquetschen ohne Maischestandzeit. Bei den großen trockenen Weinen wird alles nach dem Anquetschen und Anmahlen je nach Jahrgang 6-18 Std. auf der Maische belassen. Zu einem kleinen Prozentsatz wird ebenfalls jahrgangsabhängig bei den großen Gewächsen auch sogar auf der Schale vergoren. Generell wird immer spontan vergoren. Die Gärung verläuft zügig, BSA wird komplett vermieden, um die Eleganz, die Fruchtigkeit und die lebendige Säure zu erhalten. Die Gärzeiten sind 4-6 Wochen vor Weihnachten. Danach verbleibt der Wein auf der Hefe, wird aufgerührt (Batonnage). Bei allen großen trockenen Weinen mit Batonnage wird im Holzfass ausgebaut, Stück und Doppelstück, neueres und gebrauchtes Holz. In der Regel wird nicht chaptalisiert. Der Alkoholgehalt liegt im trockenen Bereich bei 12,5 bis 13 Grad. Nur gesundes Lesegut, so gut wie keine Botrytis, auch nicht in der Auslese. Diese Reben stehen zu 100% auf grauem Schiefer, dem ältesten Verwitterungsgestein des Rheingaus. Dieser Wein wächst ganz karg, ganz ohne Löss- und Lehmauflage, nur reiner grauer Schiefer. Der mineralischste und zugleich kühlste und eleganteste Wein bei Weil, und vielleicht einer der mineralischsten und elegantesten Weine des Rheingau überhaupt. Eine Art Gletscherwein, glasklar, von Haus aus ein superfeiner Extremist. Der Kiedricher Turmberg ist als Grand Cru eingestuft, aber man möchte keine zwei GGs bei Robert Weil. Er ist die etwas steilere Fortsetzung des aus Kalkstein, Löss und Lehm bestehenden Kiedricher Gräfenberg mit leicht anderen Exposition und anderem Untergrund, nämlich nur Schiefer. Und die kühlere und damit etwas feinere Version des Großen Gewächses. Die Nase ist warm und reif mit europäischer Frucht, ganz reife Zitrusfrucht, karg, aber nicht aggressiv, nicht spitz, sondern reif und fein. Limettenschale, Grapefruit, ein kleiner Hauch weißer Pfirsich, hell und kristallin, auch Feuerstein darunter, das ist schick, das hat ein bisschen Sancerre Charakter, Cool Climate aus Hochlage. Der Wein hat knapp 13% vol. erreicht, das bekommt ihm aber ganz gut, weil wir einerseits diese Wärme von unten haben und andererseits diesen wahnsinnigen Zug und diese Frische der Schieferlage. 2019 ist der Turmberg genau wie 2018 nicht nur schick, elegant und von Feuerstein beherrscht, sondern auch kraftvoll, kernig und lang. Mit der typischen leicht salzigen Feuerstein-Mineralität, die sich mit der griffigen Phenolik zu einem handfesten Zug vereint. Sehr straight und pur, aber 2019 mit der saftigen Frucht, nicht zu puristisch, sondern auch sehr druckvoll, obwohl er schon sehr steinig im Charakter ist. Ein sehr rassiger Turmberg, der substanzielle Kraft aufweist. Der Wein gehört ein paar Jahre weggesperrt, aber er wird für Jahrzehnte halten. Der Turmberg ist eines GGs mehr als würdig und durch seinen anderen Boden eben so anders mineralisch ausgerichtet und so klar vom Gräfenberg zu unterscheiden. 98+/100