Lobenberg: Diese Reben stehen zu 100 % auf grauem Schiefer, dem ältesten Verwitterungsgestein des Rheingaus. Dieser Wein wächst ganz karg, ganz ohne Löss- und Lehmauflage, nur reiner grauer Schiefer. Der mineralischste und zugleich kühlste und eleganteste Wein bei Weil, und vielleicht einer der mineralischsten und elegantesten Weine des Rheingau überhaupt. Eine Art Gletscherwein, glasklar, von Haus aus ein superfeiner Extremist. Der Kiedricher Turmberg ist als Grand Cru eingestuft. Er ist die etwas steilere Fortsetzung des aus Kalkstein, Löss und Lehm bestehenden Kiedricher Gräfenberg mit leicht anderen Exposition und anderem Untergrund, nämlich nur Schiefer. Und die kühlere und damit etwas feinere Version des Großen Gewächses. Der 2017er besticht wie alle 2017er bei Weil durch diese reife, apfelige Traubigkeit. Gelbe und weiße Früchte. Mit dieser wunderbaren Reife ohne fett zu sein. Elegant und fein und trotzdem hocharomatisch, intensiv im Duft. Und dann kommt ein Mund der Extraklasse. Ähnlich wie beim Kiedricher Ortswein habe ich hier noch mehr die so dramatische Intensität. Diese Pikanz. Fast denke ich, wir sind zwar in der Schiefrigkeit des Rheingaus, aber in diesem wahnsinnigen Spannungsfeld der Mosel wie bei Fritz Haag. Wir haben hier eine wahnsinnige Rasse und Pikanz. Raffinierte Weine und tolle Süße durch die ganz reife Frucht. Aber nichts Pappiges, sondern mehr als aufgefangen durch eine lange, salzige Spur mit einer wunderbaren steinigen Mineralität. Das ist so unendlich lang und verspielt, gleichzeitig reich und üppig. Der Wein braucht sicherlich einige Jahre im Keller, aber das ist schon richtig großes Kino. Ich habe hier schon einige Turmbergs extrem hoch bewertet und der 2016er Turmberg war für mich der absolute Höhepunkt, aber ich kann 2017 auf keinen Fall dahinter setzten. 2016 ist noch eleganter, noch seidiger im Fluss. 2016 ist trinkfertig, berauschend schön. Aber 2017 ist eindrucksvoller, ist pikanter. Ich bewerte ihn minimal höher, obwohl die Trinkfreude in 2016 so genial war, aber hier kommt eben zusätzlich das Spannungsfeld der Reife und Frische. Der Wein ist anspruchsvoller, der Wein fordert mehr heraus. Und eigentlich plädiere ich seit Jahren dafür, dass Weil aus dem Turmberg ein eigenes Grand Cru macht. Was die Lage ja formal und qualitativ ja hergibt. Er wäre dann aber vielleicht teurer, das wäre schade, aber er ist es das mehr als wert. 97-99/100