Lobenberg: Der Turmberg liegt hinter dem Gräfenberg, ein steil aufragender Hang auf 100 Prozent grauem Schiefer, dem ältesten Verwitterungsgestein des Rheingaus. Dieser Wein wächst karg, ganz ohne Löss- und Lehmauflage, nur reiner grauer Phyllit-Schiefer. Kurze Maischestandzeit von 6 bis zu 24 Stunden. Im Stückfass spontan vergoren und ausgebaut, bis im Sommer verbleibt der Wein auf der Hefe. Der Turmberg ist die kargste Lage und ergibt daher auch den gewissermaßen extremistischsten Wein in seiner Puristik des Bodenausdrucks. Jedenfalls ist es der am mineralischsten anmutende Wein bei Weil, und vielleicht einer der mineralischsten Weine des Rheingaus überhaupt, weil er so stahlig wie ein Chablis Premier Cru aus dem Glas schießt. Feuerstein und Kreide in der Nase, ein kleiner Hauch Schießpulver, feine reduktive Spannung ausstrahlend, obwohl der Wein zum Zeitpunkt meiner Probe im Frühjahr noch überhaupt keinen Schwefel gesehen hat. Eine Art Gletscherwein, glasklar, von Haus aus ein Asket. Frische Weintrauben und Pfefferminze in der Nase. Anklänge von weißem Pfirsich und schlanker Birne darunter. Sattes Aroma, aber sehr präzise, sehr gerade, kompromisslos steinig. Der Wein hat unglaublich Zug im Mund und ist trotzdem so schmelzig aus der vollen Reife. Das ist unglaublich fein und gleichzeitig kraftvoll, mineralisch, salzig, lang und länger werdend in seiner saftigen Salzigkeit. Das Wasser läuft im Mund zusammen. 2020 ist wunderbar ausgewogen, leise und sehr präzise, kein Blockbuster, aber wohl ein sehr schicker Klassiker mit einem Hang zur Größe. Oft sind es die leiseren, harmonischeren Jahre, die zunächst unterschätzt werden, aber mit ihrer langsamen Ausreifung aus der reduktiven Spannung dann im Alter richtig aufdrehen und wunderschön werden. 2019 war beeindruckender, aber 2020 fühlt sich noch balancierter an. Das ist ein perfekt geschliffener Diamant. Und er ist von Beginn an zugänglich und macht große Freude, aber er wird brillant reifen können. 95-96+/100