Lobenberg: Der Klosterberg ist die dritte der Berglagen bei Robert Weil, ebenfalls in Kiedrich gelegen, aber nicht am Hang von Gräfenberg und Turmberg, sondern auf der anderen Seite des Ortes angesiedelt. Der Klosterberg vereint die gesamte geologische Vielfalt des Rheingaus in sich, er hat sowohl Phyllit (Tonschiefer) als auch vulkanische Gneis-Anteile. Der Klosterberg ist die Power-Lage bei Weil, neben dem erhabenen Gräfenberg und dem puristischen Turmberg. Ich habe den Wein bisher meist ausgelassen, weil Gräfenberg und Turmberg schon so eigenständig nebeneinander sind. Doch in 2019 ist der Klosterberg dermaßen genussvoll geraten, dass ich nicht an ihm vorbeigehen konnte. Gott, ist das ein delikater Wein schon in diesem jungen Stadium. Helles Steinobst in der Nase, Birne und weißer Pfirsich, auch wunderbare Traubenaromatik, wunderbar verwoben und einfach nur total angenehm in der Nase, so ein feiner Duft. Leicht kreidig unterlegt, zerstoßener Stein, aber hier dominiert er nicht wie im puristisch-kargen Gesteinshammer Turmberg, sondern wir haben mehr Delikatesse, mehr Charme, schönen Fruchtdruck in der Mitte. Und 2019 passt das alles so wunderbar zusammen, dass der Klosterberg mich direkt begeistert hat. Der Mund ist genial verwoben, saftig, fruchtstark, ohne jemals aufdringlich zu sein, fein und elegant, total harmonisch in seiner Aromatik aus reifem Steinobst und Quitte. Der Klosterberg ist mundfüllend und satt, dicht und dabei trotzdem total fein und fließt mit superber Seidigkeit über den Gaumen. Dennoch ist er in 2019 eben nicht nur liebreizend, sondern auch spannend, und diese Kombination hat mich dann am Ende voll überzeugt. Denn wir haben neben der wunderschönen Fruchtfülle eben auch griffige Phenolik, hohe Spannung aus der total reifen Säurestruktur, Rasse und Würze aus den mineralreichen Böden, weißer Pfeffer, feines Salz, alles fein abgestimmt und nuanciert. Das Ganze kommt mit wunderbarer Länge. Der Klosterberg bringt schon im jungen Stadium einen hohen Genussfaktor mit, weil er so wunderbar ausgewogen ist und 2019 eine so famos saftige Spannung bei gleichzeitig hoher Fruchtreife hat. Dieser Wein verkürzt die Wartezeit auf den puristischen Turmberg und den zurückhaltend-eleganten Gräfenberg, die beide immer viele Jahre brauchen, um ihr volles Potenzial zu zeigen. Der Klosterberg hat ebenso viel Alterungspotenzial auf Grund seiner perfekten Balance, aber er ist schon so viel Zugänglicher und angenehmer zu trinken im jungen Stadium, dass er einfach die perfekte Ergänzung ist, während man auf die anderen Weine ein bisschen warten muss. Was für ein leckerer und zugleich rassiger Riesling, das ist Rheingau par excellence, genau so soll es schmecken. 97/100