Lobenberg: Thomas Haag konnte kürzlich einige neue Lagen erwerben. Darunter legendäre Spitzenlagen an der Mosel. Dazu zählt auch das mythische Graacher Himmelreich. Die Lage schließt direkt an den Graacher Domprobst an und ist in unmittelbarer Nähe zur Wehlener Sonnenuhr. Sie ist wohl am bekanntesten dank dem Weingut Joh. Jos. Prüm, das daraus immer die feinsten und leichtfüßigsten seiner genialen Süßweine erzeugt. Aber Thomas Haag macht hier einen trockenen Riesling, ein Großes Gewächs daraus, keinen restsüßen Wein – wie Ernie Loosen, wahrhaft eine gute Gesellschaft. Jung gilt die Lage als expressivere Wehlener Sonnenuhr. Der Tonanteil im Schiefer lässt die Weine wohl etwas kräftiger erscheinen. Wir liegen hier 2018 bei maximal 3-4 Gamm Restzucker, Thomas Haag wollte nicht, dass die Fruchtigkeit noch weiter zunimmt und die Mineralität überdeckt. Die Großen Gewächse gären hier immer etwas länger und langsamer, bleiben bis Anfang Juli unfiltriert und werden dann im Sommer gefüllt. 2018 wurde alles sehr schnell, aber schonend abgepresst und nur der Vorlaufsaft wurde für die GGs verwendet. Spontanvergoren und ausgebaut wie immer im Edelstahl. 13% vol., ein bisschen höher als normal, aber wie gesagt eben auch recht weit durchgegoren in diesem Jahr. Die Nase zeigt noch eine leichte Reduktion, kleiner Spontitouch, darunter sehr dann viel dunkle Schieferwürze und ein enormer Gesteinsausdruck. Die Frucht ist leicht zurückgezogen, was umso erstaunlicher und faszinierender ist im fruchtstarken Jahr 2018. Alles ist so glockenklar, sehr reintönig, total clean. Eher weißfruchtig mit weißem Pfirsich, etwas Birne, umspielt von feiner Hefewürze. Immer wieder schieben sich Schiefer, Gestein und Sponti-Noten dazwischen, was für eine unglaublich rassige Nase für einen 2018er! Auch der Gaumen kommt sehr druckvoll daher, die Säure wirkt absolut präsent, tolle Frische anzeigend, aber so fein ziseliert, unglaublich geschliffen, alles ist reif, alles ist zart und gleichzeitig so schiebend in der Steinigkeit, der Schiefermineralität und der eleganten, weißen Frucht. Weiße und grüne Birne wechseln sich ab, weiße Johannisbeere kommt hinzu, dann kommt wieder viel Stein, Feuerstein, fast Kreideabrieb, die Mineralität am Gaumen ist total griffig. Da steckt enormer Zug dahinter, sehr pikant. Aber 2018 kommt das alles mit feinem, reifem Schmelz in der Frucht, wir haben nur wenig Zitrusfrucht, nichts Grünes, nichts Aggressives, alles ist fein, hell und kristallin in der Mineralität. Die Faszination des Jahrgangs und dieser Lage liegt in der Kombination aus der Reintönigkeit der reifen Frucht, die gleichzeitig charmant und geschliffen ist und dennoch diese Gesteinsmassen aus der Kargheit der Lage vermittelt. Das sonst so immens rassige, steinige Himmelreich mit diesem Spannungsfeld aus der dunklen Schiefermineralität bekommt einen satten Schub aus der perfekt reifen, hellen Frucht. Die wärmenden Hände im Rücken des Jahrgangs machen das rassige, manchmal fast bissige Himmelreich sehr charmant, hinzu kommt die zarte Cremigkeit aus dem Hefelager. Eine unglaubliche Frische schlägt am Gaumen auf, da ist so viel Zug und Druck dahinter, dass die Augen schmal werden ob dieser Saftigkeit am Gaumen. Diese Spannung erinnert fast an die energetischen 2017er, nur dass hier noch ein Plus an feinem Schmelz dazu kommt. Das Finish ist lang mit Grapefruit und weißer Johannisbeere von griffiger Schiefermineralität getragen. Ein hoher Oszillograph in alle Richtungen, was für ein Gesteins- und Fruchthammer. 97-100/100