Franz Keller: Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg Großes Gewächs 2023

Franz Keller: Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg Großes Gewächs 2023

VDP

Zum Winzer

Spätburgunder 100%
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2031–2051
seidig & aromatisch
strukturiert
Lobenberg: 97–98+/100
Suckling: 94/100
Deutschland, Baden
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg Großes Gewächs 2023

97–98+
/100

Lobenberg: Die 2023er sind ein Paradebeispiel dafür, wie Friedrich Keller in den letzten Jahren immer stärker seinen ganz eigenen, brillanten Stil entwickelt hat. Die Weine wirken heute noch feiner geschliffen, noch eleganter, ohne dabei an Substanz einzubüßen. Sie sind schick und tänzelnd in ihrer Textur, zartschmelzend und voller Finesse – aber immer mit Kraft im Kern, nie zu zerbrechlich oder filigran gedacht. Der 2023er zeigt das wie aus dem Lehrbuch: weniger massiv und konzentriert als der 2022er, dafür präziser, straffer und in der Frucht glockenklar. Im Eichberg stehen zahlreiche Pinot-Genetiken: deutsche Klone, burgundische von Rousseau und auch Sélection Massale von Bernhard Huber. Alle Partien werden separat vinifiziert und später zu diesem großen Ganzen zusammengefügt. Die Reben wurzeln hier auf schwarzem Vulkangestein, Tephrit, das dem Wein seine unverwechselbare Handschrift gibt: dunkle Würze, rauchige Akzente, eine fast eisenhaltige Ader. In der Nase öffnet sich der 2023er sofort elegant und vielschichtig: saftige Himbeere, Schwarzkirsche, Walderdbeere, daneben Blaubeere, etwas Cranberry, eine Spur Rosenblätter und Veilchen. Mit Luft kommt eine feine Süße hinzu, die an Amarena und kandierte Kirschen erinnert, dazu Anklänge von Lakritz, süßem Tabak und Graphit. Sehr verspielt, hedonistisch fein, immer mit einem zarten Schmelz unterlegt. Am Gaumen dann ein faszinierendes Spannungsfeld: dicht gewoben, aber nie schwer, getragen von vibrierender Frische. Wieder die rote Frucht, jetzt klarer in Sauerkirsche und Preiselbeere, untermalt von Johannisbeere, Granatapfel und zarten Blutorangennoten. Dazu erdige Töne, schwarzer Pfeffer, Rauch, etwas Teeblätter, dazu eine salzige, fast kreidige Mineralität, die sich tief in den Gaumen fräst. Die Tannine sind seidig, aber mit griffigem Kern, fest zupackend, und verleihen dem Wein Länge und Struktur. Trotz, oder vielleicht gerade wegen des extrem hohen Selektionsaufwands im Weinberg ist er so genial geworden. Langer, mineralisch-würziger Nachhall, in dem sich Frucht und Stein noch einmal verdichten. Hedonistisch und doch mit Ernsthaftigkeit, eben ein Eichberg voller Power, aber gleichzeitig mit dieser geschmeidigen, feinen Eleganz, die ihn 2023 so besonders macht. Ein großer Spätburgunder, der schon jetzt betört, aber mit Sicherheit auch großartig reifen wird.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

94
/100

Suckling über: Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg Großes Gewächs

-- Suckling: The combination of the cherry cake aromas (think of the spices as well as the fruit) with the finely etched tannin structure makes this a very striking pinot noir. Long, emphatically dry and stony finish. Drinkable now, but best from 2027.

Mein Winzer

Franz Keller

Franz Keller – ein legendärer Name, der gleichermaßen die deutsche Weinszene sowie die Spitzengastronomie geprägt hat wie vielleicht sonst kein anderer. Heute wird das Weingut gemeinsam von Fritz Keller und Sohn Friedrich geführt und zählt zur Elite der deutschen Burgundererzeuger.

Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg Großes Gewächs 2023