Lobenberg: Der Scharzhofberg profitiert in heißen Jahren immer ganz besonders, da er von Natur aus eine eher kühle Lage ist. Der Boden ist durch unterirdische Quellenverläufe gut mit Wasser versorgt, darüber hinaus liegt er in einem Seitental das stetig von kühlen Abwinden durchzogen wird, gleichzeitig ist die Exposition der Reben zur Sonne allerdings perfekt. Die Wiltinger Braune Kupp ist dagegen von Grund auf bereits eine warme Lage, hier werden in jedem Jahr höhere Reifegrade erreicht, das bedeutet in warmen Jahren erbringt die Braune Kupp meist sehr viel opulentere, charmantere, überschwängliche, meist ins exotische reichende Frucht, im Gegensatz zum stets zurückhaltenden, abgehobenen Scharzhofberg. Ganz reife, feine Nase, keine merklichen Botrytis-Töne, diese Auslese hat einen Anteil von weniger als 50% Botrytis in 2018, in vielen Jahren ist es deutlich mehr. Vollreife europäische Frucht mit einem schönen Touch Exotik unterlegt, gelbe Birne, Papaya, zarte Hefewürze, mineralisch getragen und erhaben in dichter, cremiger Aromatik. Im Mund ist die Botrytis dann ganz fein zu spüren, eine Geschmacksexplosion in exotischer Frucht, Orangenschale, Maracuja, cremig und opulent, alles verbindet sich mit der reifen europäischen Frucht, Aprikose, gelber Pfirsich, hier ist richtig was los im Mund. Dennoch bleibt alles poliert und erhaben, von großer Eleganz getragen, nichts ist schwer, alles bleibt auch filigran und mineralisch untermauert. Enorm lang, der Wein hört nicht mehr auf, salzig begleitet, die Zunge rollt sich ob dieser Pikanz, die Säure kommt zum Tragen, immenser Fruchtdruck, großes Gaumenkino. 98/100
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!