Lobenberg: Man muss wissen, wohin die Reise geht mit Jerome Bressy. Wohin will er? Was ist seine Stilistik? Jerome macht ultrafeine Weine, macht Weine im raffinierten Stil von Cabernet Francs. In dieser floralen Stilistik. Er benutzt je nach Jahrgang 12 bis 14 historisch hier in Rasteau verbriefte verschiedene Rebsorten, bearbeitet seine winzigen 15 Hektar akribisch, fast mit der Nagelschere. Einzelstockerziehung, teilweise wurzelecht. In dieser historischen Zusammensetzung der Rebsorten inzwischen seitens der Appellation verboten. Jetzt ist er dann eben nur noch abgewertet zum Tafelwein. Das ist Jerome aber völlig egal. Keine Kompromisse, wie das Terroir und die Reben so der Winzer. Das Terroir sind typische Rasteau-Böden. Argilo Calcaire. 50% Grenache, der Rest teilen sich Carignan, Mourvedre, Counoise, Syrah, Vaccarese, Cinsault und Terret Noir mit einigen weiteren, uralten Reben. Die Majorität war in 2014 bspw. Grenache, aber in anderen Jahren wie bspw. 2013 war die Majorität Mourvèdre, weil die Grenache nicht so gut ausfiel. Jeder Winzer an der Rhone, ja fast auch jeder Winzer im Burgund, kennt Jerome, weil er so eine Ausnahmeerscheinung ist. Was ist sein Geheimnis? Wie die besten Winzer an der Loire entrappt er nie. Wenn ein Jahrgang nicht gut genug ist, wie der rote 2013er, macht er ihn einfach aus noch kleineren Erträgen, da ist er wie Clos des Papes, die Qualität wird immer gehalten! Oder er macht alle Jubeljahre mal einen Rosé. Aber sonst ist alles, was er macht, groß. Wir haben nun einige Jahrgänge in der Reihe, wo nicht nur die Reben immer älter werden, sondern wo Jerome seinen Weinberg auch immer besser kennt. Wir haben inzwischen auch klimatische Konditionen, die dazu führen, dass die Rhone in den letzten Jahren nochmal einen deutlichen Hitze-Trocken-Sprung und zugleich einen Qualitätssprung gemacht hat. Die Erträge der Topwinzer werden immer kleiner. Hinzu kommt natürlich, dass dieser Master der Detailarbeit im Weinberg, der Biodynamiker mit diesem wirklich extremen Arbeitsethos, Weine wie vom anderen Stern schafft. Ich kann diesen Winzer nur vergleichen mit Eric Jeanneteau vom winzigen, 1,5 Hektar großen Weingut Tertre de la Mouleyre in Saint Emilion. Ich glaube, das sind von meinen ganzen Winzern, sogar noch vor Clos Louie, Leandre Chevalier und Coutet, die beiden verrücktesten Pedanten und die extremsten Biodynamiker, die ich im Portfolio habe. Besser als diese beiden in ihrer totalen Selbstausbeutung kann man Weine des jeweiligen Terroirs und Rebsorte nicht ausdrücken. Diese zwei Meister sind zum Weinstock mutiert! Der 2019er ist ein absoluter Blockbuster Jahrgang an der Rhône. Reich, konzentriert und extrem kraftvoll. Kaum ein Jahr hat so sehr die Provence aus dem Glas schwirren lassen wie dieses. Man wird geradezu berauscht von der Intensität. Wir gehen weg von der Cabernet Franc-artigen Verspieltheit und Beerigkeit von 2018 und direkt zu einem unglaublich konzentrierten Châteauneuf mit kristallklarer Frische. Nur dass es in Châteauneuf solche Qualität kaum gibt, wenn man mal ehrlich ist. Die Nase ist maximal verdichtete, aber total frische Schwarzkirsche, Schlehe, Cassis, ultrafrische Pflaume, die nichts Getrocknetes an sich hat. Garriguewürze und Holzkohle, jedenfalls dunkler, ernster, fester als der verspielte 2018er, der ja aus einem an der Rhône kühleren Jahr als 2019 stammt, anders als in Deutschland. Der 2019er ist ein riesiger Stoff, ein Überwein, aber er braucht vieeeel Zeit. Der 2018er und wahrscheinlich auch der 2020er werden vorher anzutrinken sein. Aber wer in einigen Jahrzehnten mal eine Flasche 2019er im Keller findet, der kann im besten Fall eine Legende im Glas haben.