
Cuvee Denis Darriet "Goutte Rouge" 2022
100
- 2
- Cabernet Sauvignon 60%, Merlot 40%
- 5
- rot, trocken
- 14,0% Vol.
- Trinkreife: 2032–2066
- Verpackt in: 6er OHK
- 3
- Lobenberg: 100+/100
- Gerstl: 20+/20
- 6
- Frankreich, Bordeaux, Pessac Leognan
- 7
- Allergene: Sulfite,
Abfüller / Importeur: Seguin, Chemin de la House, 33610 Canejan, FRANKREICH

Heiner Lobenberg über:
Cuvee Denis Darriet "Goutte Rouge" 2022
/100
Lobenberg: Der rote Tropfen. Spontane Vergärung im Beton, dann für 24 Monate im neuen Barrique und weitere 6 Monate im Betontank ab Ende November 2022 ausgebaut. Abgefüllt im Mai 2025. 60 Prozent Cabernet Sauvignon und 40 Prozent Merlot. 14 Volumenprozent Alkohol. Der Wein wird nur in großen Jahren produziert, zuletzt in 2016, 2018 und 2019. Dieser Wein hat eine so dramatische Säurestruktur, dass das Holz komplett weggefressen wird. Nur im 2018er war es etwas vordergründiger. Aber 2019 und 2022, auch 2016, ist das Holz kaum spürbar. Der Wein zeigt eine unglaubliche Dichte in der Nase. Schwarze Kirsche, schwarze dunkle Pflaume. Dazu viel satte Lakritze und Mineralität. Was für ein gnadenloser Druck und trotzdem weiches, geschliffenes Tannin – grandiose Nase! Dann ein konzentrierter Armarenakirsch-Mund mit hochkonzentrierter süßer Maulbeere, Brombeere, Cassis und Lakritze bis zum Abwinken. Enorm dicht, so viel Power, so viel Druck vom Tannin, das gleichzeitig so samtig ist! Salz ohne Ende… Das ist ein richtiger Blockbuster und gleichzeitig ist er so ultrafein. Immer wieder rollt auch Chili durch den Mund – wahnsinnige Schärfe! Sehr salzige holländische, fast scharfe Lakritze. Unglaublich, was hier für Ereignisse durch den Mund rollen! Wie kann der 2022er fast noch besser sein als der 2019er? Nein, das glaube ich nicht. Aber wenn er genauso gut ist – und das ist er auf jeden Fall – ist das ein grandioser Wein. Wir sind hier absolut auf dem Level eines La Mission Haut-Brion. Mit dem direkten Nachbarn Carmes Haut-Brion kann man es nicht vergleichen, weil hier eine Entrappung stattfindet, was bei Carmes nicht der Fall ist. Ein absolutes Powerteil, aber auch ein Finesse-Sahneteil. Ganz sicher einer der besten roten Bordeaux des Jahrgangs, wie es auch schon 2019 und 2016 der Fall war. Jeder, der diesen Wein kauft, bekommt im Preisbereich knapp über 100 Euro etwas, was ansonsten unter 400, 500 Euro nicht zu bekommen ist. Das ist Premier Cru Level im bezahlbaren Bereich. Eine explosive Offenbarung! *** Das Chateau Seguin liegt am Rande des Stadtteils Pessac, gerade außerhalb der Rocade, also noch im Stadtgebiet von Bordeaux. Das Terroir ist identisch mit den Böden von Haut Brion, La Mission und Carmes Haut Brion, uraltes Schwemmland der Gironde, ähnlich den Böden der Top-Appellationen des Medocs. Eine tiefe Kieslinse mit Silikaten und kalkhaltigem Lehm, hier und da durchzogen von mineralhaltigen Schwemmsänden. In historischen Weinbüchern des neunzehnten Jahrhunderts werden die Weine von Chateau Seguin qualitativ auf einer Stufe mit denen von Haut Brion genannt. In den Wirrungen und Irrungen der Weltkriege des frühen zwanzigsten Jahrhunderts geriet dieser historisch belegte Anspruch in Vergessenheit, das Eigentum wechselte häufig und schließlich waren die 30 Hektar ehemaliger Weinberg eine unberührte Brache. Das hat auch eine gute Seite, die Böden konnten sich regenerieren und die unwissend wirren Herbizid- und Pestizidbehandlungen der 50er bis 80er Jahre blieb ihnen erspart. Erst in der zweiten Hälfte der 80er konnte der wohlhabende Land- und Immobilienkaufmann Darriet, ein gelernter Geologe und Bodengutachter, das nie ganz in Vergessenheit geratene Kleinod von 30 Hektar von mehreren Besitzern zusammenkaufen. Er konnte sich 1987 den unerhörten Luxus leisten, das quasi wieder jungfräuliche Rebland nach geologischen Erkenntnissen (er nahm unzählige Bodenproben auf tiefen Bohrungen) neu zu bestocken. Perfekte Unterlagsreben und Selektion Massale und Klone nach dem damaligen neuesten Wissensstand. Und Dichtpflanzung von 7000 bis 10000 Stöcken je Hektar und den Ertrag pro Stock zu minimieren. 60% Cabernet und 40% Merlot. 1995, passend zu den ersten kommerzialisierten Jahrgängen, stieg der Sohn des Hauses, Denis Darriet, als Regisseur in das elterliche Weingut ein. Denis war Feinmechaniker, Ingenieur und Kunsthandwerker in Paris, er liebt präzise Details und analytisches Arbeiten. Das Weingut teilte er demzufolge auf in 30 Parzellen leicht unterschiedlicher Böden und Rebzusammensetzungen, alle werden separat vinifiziert. Und er war und ist ein großer Freund der umweltschonenden Weinbergs- und Kellerarbeit, das Chateau ist inzwischen in vollständiger Konversion zur Bio-Zertifizierung. Der französische Umwelt-Level 3 wurde schon vor langer Zeit verliehen, aber der vollständige Umstieg von Phosphon auf Kupfer gegen Pilzbefall wird wegen des hiesigen hohen Mehltau-Drucks (die feuchtigkeitsspeichernden Kies-Lehmböden sind da sehr gefährdet, die Biodynamiker Chateau Pontet Canet und Smith Haut Lafitte auf sehr ähnlichem Terroir können unglückliche Lieder davon singen, in schwierigen Jahren muss man täglich Kupfer spritzen, Phosphon dagegen selten) immer wieder mal verschoben oder gar ausgesetzt. Auch unter deutschen Biowinzern ist das auf Druck der Südeuropäer erst vor kurzer Zeit erteilte Verbot von Phosphon in der Bioausrichtung sehr umstritten, bis heute ist es unklar ob die Organismen im Boden oder die Konsumenten mehr von Kupfer oder Phosphor geschädigt werden oder gar von beidem nicht nennenswert. Inzwischen hat Denis auch den önologischen Berater gewechselt. Der sattsam bekannte Önologe und Biowinzer Stephan Derenoncourt, der ja auch die Domaine de Chevalier und viele Superstars Saint Emilion betreut, zeichnet sich nun verantwortlich. Chateau Seguin erzeugt nach vielen Experimenten und Versuchen inzwischen 5 verschiedene Weine. Schon immer als Hauptwein »Chateau Seguin«. Dann auch von Beginn an eine etwas abgelegenere und von Fremdspritzungen ungefährdete Parzelle (gleiches Terroir und Rebsorten) komplett in Bio, die nach der Straße benannte »Cuvée de la House«. Als qualitative Abstufung kommt von einigen sandigeren Teilen der Zweitwein „L’Angelot“, eigentlich die gleiche Qualität wie der Erstwein aber etwas feiner und eleganter, eben Sandböden. Vom reinen schweren Lehm-Kalkboden kommt der schwerste und üppigste Wein des Hauses, Denis »Grand Cru«, nur 2000 Flaschen aus nochmal dramatisch ertragsreduzierten Reben (60 % Cabernet und 40% Merlot – spontan vergoren im Beton und Ausbau 24 Monate in 100% neuem französischen Barrique) und nur in großen Jahren erzeugter »Confidence«. Mit Ansage von Denis offizieller Wettbewerber gegen Chateau Haut Brion. Üppig, reich, intensiv, 2018 und 2019 kann man durchaus in den Wettbewerb mit Haut Brion schicken. Eine weitere Mikro-Cuvée, ebenfalls nur 2000 Flaschen, kommt aus einer weiteren Parzellenselektion. Hier geht es mehr um den Wettbewerb und die Charaktereigenschaften des feineren La Mission Haut Brion. Auch der Unico von Vega Sicilia und die Tondonia Gran Reserva waren Vorbild. Ab 2016 erst gelang Denis hier die Perfektion, alle Vorjahre der zwei Mikrovinifikationen reichten ihm nicht, sie gingen dann unter in der großen Menge des Seguin. Erst 2018 und 2019 wird es diesen Wein wieder geben. Aber ab 2016 war der Stolz des Hauses endlich geboren, die sehr simpel »La Goutte Rouge« getaufte Cuvée Denis Darriet. Kein Cabernet Franc, sondern 42% Cabernet Sauvignon und 58% Merlot. Die reife Cabernet Sauvignon dominiert über die tänzelnd weiche Merlot. Dieser Wein wird in einer etwas anderen Cépage als der Hauptwein zusammengestellt, ähnlich vinifiziert, aber länger im neuen Holz ausgebaut, Barrique und Tonneau. Was unterscheidet diesen Wein nun vom normalen Seguin? Durch den längeren Ausbau ist er trotz neuen Holzes klar weicher und weiterentwickelt, dabei fast drastisch fein und elegant, seidig schwebend. Gleichzeitig ist dieser Wein so unglaublich intensiv und aromatisch, ein Konzentrat aus winzigen Erträgen, aber ein hocharomatisches Konzentrat in Finesse. Leichtfüßig und superkonzentriert zugleich mit Massen an unvorstellbar feinem Tannin.
Jahrgangsbericht
2022 hatte den trockensten Sommer in Frankreich seit Beginn der Aufzeichnungen und war insgesamt das heißeste Jahr seit 1947. Nicht so extrem und plötzlich heiß wie 2003, eher harmoniefördernd gleichmäßig warm und eben sehr trocken. Nachdem im November und Dezember 2021 satt Regen fiel, blieb es in den Folgemonaten trocken und warm. Die Reben konnten sich also bei gleichmäßiger Blüte langsam an die Trockenheit gewöhnen. Die Terroirs mit den besten Wasserspeicher-Eigenschaften und den sehr tief wurzelnden alten Reben konnten das Wasser-Reservoir des Winters und Frühjahrs nach früher und sonniger Blüte relativ problemlos durch den trockenen Sommer nutzen. Regen gab es erst wieder im Juni und dann in der zweiten Augusthälfte mit 30 bis 50mm. Danach blieb es sonnig und trocken mit einem langen »Indian Summer« bis weit in den Oktober und sogar November. Jeder konnte auf den perfekten Erntezeitpunkt warten, zumal es dank sommerlicher Stillstände keinen Zucker-Alkoholdruck gab. Wer mit alten Reben und perfekten Terroirs dann noch verschont wurde vom jährlich zunehmendem April-Frost und vom allzu häufigen Hagel des Frühsommers, konnte sich gerade als biologisch arbeitender Winzer über das, ob des Klimas, vollständige Ausbleiben von Fäulnis und Pilzkrankheiten freuen. Niemand musste auch nur irgendwas spritzen. Für Bio-Winzer mit alten Reben und superbem Terroir war 2022 ein so noch nie erlebtes, perfektes Jahr, zumal man sich über die vergangenen 10 extremen Jahre an die besser angepasste Laub- und Bodenarbeit gewöhnt hatte. Saint Emilions und Castillons Kalksteinfelsen, Pomerols und Fronsacs Lehmböden und die dicken Kieslinsen des Medocs hatten bei sehr altem Rebbestand bis auf den Malus kleinerer Erträge kaum Sorgen. Weniger, aber ein überragend intensiver Saft aus kleinen, dickschaligen, kerngesunden Beeren. Aromatisch frischer Most, tiefes und zugleich delikates Tannin, dazu eine überragende Balance. Junge Reben und sandige Böden litten allerdings extrem, da gab es hier und da schon desaströse Ergebnisse. Besonders profitiert haben, neben den o.g. perfekten Böden dazu am linken Ufer, die in sehr nassen Jahren benachteiligten Fluss- und Ufernahen Terroirs des Medocs, des nördlichen Haut Medocs und Saint Estèphes. Die meisten Winzer vergleichen 2022 mit 2018, allerdings war 2022 überwiegend noch deutlich konzentrierter und reicher in der Frucht, vibrierender, cremiger und trotz der extremen Reichhaltigkeit erstaunlich frisch, seidig und harmonisch, das erinnert auch an das Traumjahr 2016. 2022 ist nicht so extrem pikant wie das Hammerjahr 2019 und nicht ganz so tänzelnd finessenreich wie der 2020er. Winzer mit langer Erfahrung sprechen eher von einer deutlich perfekteren Reinkarnation der Jahrgänge 1982, 1961 und 1949. Jean-Philippe Janoueix, eine Instanz am rechten Ufer und Besitzer vieler Châteaux in Pomerol, Saint Emilion und Castillon sagt: »2022 is the more concentrated version of 2018. With deep acidity and rich, soft masses of tannin, 2022 is the much better and long-lived resurrection of the great 1982 and 1961.« Und das mit größerem Know-how, optimaleren Weinstöcken, niedrigeren Erträgen je Stock, besserer biologischer Weinbergsarbeit, dramatisch präziserer Selektion vor der Kelter (Laser und Wasserbad) und einer kenntnisreicheren Kellertechnik als vor vierzig Jahren. Ohne Zweifel ist 2022 also ein historischer Jahrgang. Fakt ist, dass trotz der wohl berechtigten Jubelschreie der allerbesten Winzer das Jahr 2022 auf Kante genäht ist. Junge Reben und nur mittelgute und schwächere Terroirs, und das ist nun mal mit Abstand der Großteil des Bordelais, haben in nassen und noch mehr in solch trocken-heißen Jahren ganz schlechte Karten und üble Zukunftsaussichten. Und leider werden die Jahre trotz einiger, klassischer Ausnahmen wie das Bordelaiser »Normaljahr« 2021 im Schnitt immer extremer. Die wenigen, strahlenden Topwinzer der Appellationen glänzen ob der extraterrestrischen Qualitäten mehr denn je, die große Masse bleibt auf der Strecke. Die Spitze der Pyramide wird noch schmaler und zugleich noch höher. 2022 ist für die Superstars jeder Appellation ein so noch nie dagewesener Qualitätstraum, aber wo soll das für die breite Basis enden? Spanien findet den Ausweg aus den immer extremeren klimatischen Wetterkonditionen in 800 bis 1200 kühlen Höhenmetern, aber wie sieht – neben den weiter vorwärts stürmenden Superstars – die Zukunft des Bordelaiser »Normalwinzers« auf NN aus?

/20
Gerstl über: Cuvee Denis Darriet "Goutte Rouge"
-- Gerstl: Schon die Nase bei diesem Überwein ist absolut betörend und lässt einem alles um sich herum vergessen. Wie ein perfekt geschliffner Diamant strahlt dieser Wein aus dem Glas. Perfekt gereifte Frucht - ohne jegliche Überreife - mit einem sehr reichhaltigen Mix aus schwarzer und roter Frucht. Es ist schon eine fast verschwenderische Intensität und trotzdem wirkt der Wein unbeschreiblich elegant und nobel. Auch der Tiefgang mit kühl würzigen Noten lässt einem vor Ehrfurcht erschaudern. Beim ersten Schluck überströmen einem unbeschreibliche Glücksgefühle. Ein Fruchtschwall mit köstlicher Extraktsüsse flutet den Gaumen. Perfekt ausbalanciert - ausgestattet mit starkem aber seidigem Tanningerüst, saftiger und erfrischender Säure und herrlicher Würze. Vom Auftakt an über den intensiven mittleren Teil bis hin ins nicht mehr enden wollende Finale. Ein Überwein der nicht von dieser Welt ist.(PB)
Seguin
Der im letzten Jahrhundert bekanteste Weinführer »Cocks an Feret« lobte das damals im Besitz der Familie Pascal befindliche Château in den höchsten Tönen: »the highest part of the commune, with magnificent gravely rises producing full-bodied, elegant wines similar of those of Haut-Brion«. Besitzer...
