Lobenberg: 2020 gab es an der Rhône insgesamt relativ normale Mengen. An der Nordrhône vielleicht sogar etwas mehr als im Durchschnitt. Dort geht 2020 sicherlich als ein Jahrhundertjahrgang in die Geschichte ein. Die Tardieus vergleichen 2020 mit einer Mischung aus dem superklassischen und frischen Jahr 2016 und der Tiefe und Dichte aus 2015. Auf keinen Fall so extrem fett und üppig wie 2018 und 2019, sondern deutlich klassischer. Deshalb ist 2020 aus ihrer Sicht einer der ganz großen Jahrgänge überhaupt an der Nordrhône. Im Norden gab es 2020 keinen richtigen Trockenstress für die Reben, weil es im August ein paar Regenfälle gab. Sie kamen genau zur richtigen Zeit. Die Lese startete recht früh, bei Tardieu am 10. September. Also deutlich früher als in anderen Jahren. Insgesamt ist es ein saftiger, langlebiger, dichter und reifer Jahrgang, ohne Überreife, ohne übermäßig Fett wie in 2019 und 2018. Ein richtig klassisches Jahr an der Nordrhône, aber klassisch mit einem Plus an einer Form von Reife, die es früher so nicht gab. Ob Norden oder Süden – in Summe ist 2020 an der Rhône ein großes Jahr. Balancierter und harmonischer als das Kracher-Jahr 2019. Der Crozes-Hermitage Blanc Vieilles Vignes besteht aus 80 Prozent Marsanne und 20 Prozent Roussanne. Über 50 Jahre alte Reben. Der Wein hat 14 Volumenprozent Alkohol. Nach der langsamen Ganztraubenpressung wird der Most spontan im Beton vergoren. Der Ausbau geschieht für zehn Monate in Barriques, teils neues Holz, teils Zweitbelegungen. Keine Schönung und Filtration vor der Füllung in die authentischen Burgunderflaschen. Ab dem Jahrgang 2020 mit der teuersten Korkvariante von DIAM ausgestattet, die neben Naturkork 100 Prozent natürliche Materialien wie Rizinusöl und Bienenwachs enthält. Diese Nordrhône-Nase in 2020 ist wirklich verblüffend. Vorher hatte ich den Châteauneuf-du-Pape Blanc, aber die Nordrhône ist einfach eine andere Liga in diesem Jahr. Wahnsinnig schick! Sehr fokussiert, weißer Pfirsich von der Marsanne, aber auch grüne Aprikose, Mandeln, Netzmelone und ein bisschen Litschi. Viel Grip im Mund. Wow, richtig viel Biss sogar! Leichte Phenolik von der langsamen Presszeit. Das passt hervorragend. Sehr schicker, salziger Nachhall. Wieder Litschi, weißer Pfirsich, grüne Aprikose und Netzmelone. Tolle Länge zeigend. Viel Terroir-Mineralität. Ein schicker, aromatischer und vor allem leckerer Wein. 2020 ist vielleicht im weißen Bereich eine Spur zu hedonistisch, um jetzt wirklich niederknien zu müssen. Es sind keine Riesen, aber ausgesprochen leckere, grandios schmeckende, hedonistische Leckerlis. 96-97/100