Lobenberg: Der kleine Weinberg liegt in Lussac-Saint Emilion, hat allerdings nur die Appellation Bordeaux Superieur wegen der Nichteinhaltung der Appellations-Bestimmungen in Sachen Rebsortenzusammensetzung und wegen der Lokalisation gerade außerhalb der Appellation. Der Weinberg besteht aus nur 5 Hektar in reiner Südwest und Südexposition. Roter Lehm mit Kalkstein. 100% Merlot. 1982 angepflanzt. Der Wein wird vergoren im Stahltank und komplett für 12-15 Monate im Barrique ausgebaut. Davon ist ein Drittel neues Holz. Das heißt, wir reden hier schon von einem richtig kleinen großen Wein. Der Wein kann problemlos 20 Jahre oder mehr altern. Es ist ein Weinberg der Handelsfamilie Trocard, die aber auch Clos Dubreuil und Clos de la Vieille Eglise ihr Eigen nennen. Angepflanzt direkt hinter ihrem Hauptsitz in Lussac. Was unterscheidet jetzt die Nase des unglaublich charmanten, duftigen 2016er von dem großartigen 2015er? Ich glaube der Hauptunterschied ist das Plus an gleichzeitig reifer Frucht und mehr Gradlinigkeit, Feinheit, Präzision und Frische in 2016. Das ist im Grunde wie 2009 und 2010. Nur das dieser 2016er etwas zarter und generell liebreizender ist als der 2010er Jahrgang. 2016 hat mindestens so viel Tannin. Aber es ist noch reifer. Die Säure noch ein wenig höher. Das heißt wir sind etwas mehr auf der liebenswerten Seite von 2010. Und obwohl es 100% Merlot ist, zeigt der Wein einen Hauch reifer Himbeere. Viel frische und reife Zwetschge. Maulbeere und Brombeere kommen dazu. Aber nie wuchtig, nie schwarz, nie dunkel und fett, sondern eher verspielt, angenehm, duftig, aromatisch, leichtfüßig. Der Mund ist so schwer abzugrenzen vom 2015er, den ich gleichzeitig probieren kann. 2016 ist einen Hauch reifer und frischer. Die dominierende rote Zwetschge kommt mit etwas mehr Lebendigkeit, etwas verspielter rüber. Dazu einen Hauch Sauerkirsche, rote Kirsche. Das Ganze tanzt umeinander. In einer Blindverkostung vielleicht schwer als reinsortiger Merlot zu identifizieren, weil man eigentlich nicht so viel schöne, verspielte Frische mit einer so schwebenden Eleganz und Leichtigkeit erwartet. Der Wein macht unheimlich viel Freude, hallt lange nach und sprüht vor Lebendigkeit und einnehmendem Charme. Ich hoffe, dass er diese berauschende Frühform mit diesem Alterungspotential so behalten kann. Am Abend gab es ihn als 1998er zum Dinner, perfekt fein und mit guter Kraft. Und 1998 war durchaus ähnlich hier zu 2016. Deshalb bewerte ich ihn etwas höher als den 2015er. 92-93/100