Lobenberg: 1,8 Hektar großes, auf Kalkstein an der Grenze zu Castillon gelegenes Weingut. Lediglich 5.000 Flaschen werden jährlich erzeugt, 2018 nur 3000. Die Reben dieses Mini-Weinguts, das seit 1995 komplett auf Biodynamie umgestellt ist, sind um die 50 Jahre alt. Chateau Tertre de la Mouleyre liegt in Steinwurfentfernung zu Chateau Valandraud. In die andere Richtung liegt Peby Faugeres. Nach unten folgt Castillons Superstar Clos Louie. Der Name des Besitzers ist Eric Jeanneteau. Das Weingut wird in dritter Generation von Eric betrieben und er lebt von diesen winzigen 1,8 Hektar. Der Großvater hat es mit insgesamt 5 Hektar Saint-Emilion und 2 Hektar Castillon einst gegründet. Das Terroir besteht aus einer Lehmauflage auf reinem Kalkstein. Jeder Weinstock der Dichtpflanzung geht im Verlauf der Bearbeitung runter auf maximal acht kleine Trauben und auf einen Gesamtertrag von weit unter einem halben Kilo pro Stock. Der Ausbau des Weines erfolgt zu 50% in neuem Holz, zur anderen Hälfte in ein- und zweijährigen Barriques. Fermentation in kleinen Inox-Gärbehältern, um möglichst Parzelle für Parzelle separat vergären zu können. Maximal 25 Hektoliter Gärbehälter. Die Fermentation geschieht zu 100% als Spontanvergärung, diese geschieht relativ kurz und warm. Alles ohne Schwefel. Danach die Malo im Barrique. Dort verbleibt der Tertre de la Mouleyre schwefelfrei dann bis zur Abfüllung mit mehrfacher Batonnage. Wie bei allen Biodynamikern wurde hier auch 2018 früher geerntet, weil die Trauben schneller reif sind. Wir haben nur 13% Alkohol bei einer Zusammensetzung von 95% Merlot und 5% Cabernet Franc. Und wie alle hier auf dem Hochplateau St Émilions kurz vor der Grenze Castillons, auf dem auch sein Freund Clos Louie liegt, ist der Wein sehr reif. Und in der Reife dieser Frucht auch schöne Frische bewahrend. Üppig, opulent, aber so wie sein Vorbild und Lehrmeister Francois Mitjavile (Eric war lange mit dessen Tochter Nina verheiratet), so ist auch Eric ein Großmeister der extrem reifen Frucht, die jedoch nie ins Volatile rüber kippt. Frische aus der reifen Frucht und dennoch kein hoher Alkohol, das ist schon das große Kino hier. Die Verkostung des 2018ers ist gerade deshalb ein so besonderes Erlebnis, weil wir gestern bei anderen Freunden auf Clos de la Vieille Eglise reife Jahrgänge von Tertre de la Mouleyre 2008, 2009 und 2010 probiert haben, die sich einfach sagenhaft präsentierten. Und jetzt die Nase des 2018ers in dieser hohen Reife, und trotzdem in dieser wunderbaren Frische. Merlot in Schwarzkirsche, Lakritze, unglaublich aromatisch und duftig, rote Frucht darunter, viel rote Kirsche, Sauerkirsche, aber alles sehr ätherisch, fein, schwebend, nichts Massives, nichts Fettes. Und trotzdem so reif und vor allen Dingen hocharomatisch, Veilchen und Blütenduft, tänzelnd, unendlich fein dazu auch der Mund. Die Augen ziehen sich zusammen, aber nicht ob der Massivität oder der Härte von Tannin, sondern auf Grund der enormen Aromatik. Und das Ganze bei einer fast unvorstellbaren Feinheit, das ist so tänzelnd und dennoch so intensiv, alles wird belegt, alle Sinne werden berührt. Das zieht sich so lang in dieser Salz-beladenen, aber extrem feinen schwarzen Kirsche, roten Kirsche, Lakritze, wieder viel Veilchen, Rosenblätter. Trotz der hohen Reife haben wir ein extrem seidiges Tannin, samtig, gar nicht so fett und üppig wie erwartet, sondern einfach nur extrem fein und elegant. In dieser extremen Eleganz eher einem Pomerol gleichend als einem St Émilion. Großes Kino der Finesse. Wenngleich etwas anders im Charakter, aber komplett auf Augenhöhe mit dem grandiosen 2016er. Aber Warnung an den Konsumenten: man muss Feinheit und hohe Aromatik lieben, man darf keinen Tannin-Kraft-Blockbuster erwarten. Wir sind hier bei einem Richebourg innerhalb von St Émilion, also Fülle und zugleich die große Feinheit, das Abgehobene eben. Und auf eben diese Feinheit und Finesse, dieses Tänzelnde muss man sich einlassen wollen. 100/100