Chateau Tertre de la Mouleyre 2022

Chateau Tertre de la Mouleyre 2022

Zum Winzer

100
100
2
Merlot 100%
5
rot, trocken
13,5% Vol.
Trinkreife: 2030–2060
Verpackt in: 3er OHK
9
pikant & würzig
saftig
strukturiert
3
Lobenberg: 100/100
Gerstl: 20+/20
6
Frankreich, Bordeaux, Saint Emilion
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Chateau Tertre de la Mouleyre 2022

100
/100

Lobenberg: Der 2022er besteht aus 100 Prozent Merlot. Es gibt nur 4000 Flaschen. Die Reben werden hier durch die Lehmböden über reinem Kalkstein zwar gut mit Wasser versorgt, doch 2022 gab es definitiv wieder Ertragseinbußen durch die lange Trockenheit. Der 2022er hat eine reiche, dichte Schwarzkirsch-Nase. So satt, kaum vorstellbar. Dazu Cassis und süße Maulbeere, Lakritze, schwarze Erde, Lavendel, Orangenzesten. Einfach nur schick getragen in genialer, ultrafeiner Aromatik, noch ätherisch abgehobener als der geniale 20er. Aber alles auch voll intensiv. So unendlich delikat und multikomplex dazu, sooo raffiniert, so unglaublich spacig. Feinste pikante Schlehe und Sauerkirsche darunter, Kalkstein, Salz. Die reinste Verzückung. Das ist auch nicht archetypisch für Saint-Émilion, denn so etwas Delikates, Feines und gleichzeitig Konzentriertes in Feinheit und Finesse, gibt es in Saint-Émilion kaum. Dieser 2022 toppt alles, was ich dieses Jahr in Saint-Émilion getrunken habe, er liegt ob seiner multidimensionalen Samtigkeit und Seidigkeit noch oberhalb von Cheval Blanc. Das ist wohl noch vor dem 2020er des gleichen Winzers der beste Wein, den es hier je gab. Einfach ungeheuerlich, wieder mit dem Nachbarn Clos Louie in einer eigenen Liga und ganz ohne Zweifel der beste reine Merlot auf dem Planeten, wenn denn Finesse und multikomplexe Seide das Maß der Dinge ist. So reich und dicht und reif und doch sooooo ungeheuer fein und zugleich wahnsinnig vielschichtig. Nur ein wahnsinniger Biodynamiker mit nur einem Lebensinhalt und genialem Händchen kann von einem so winzigen Fleckchen besten Terroirs bei optimalen Bedingungen so etwas Feines erzeugen. Man kann dem gar nicht genug Achtung und Respekt entgegenbringen. Eric kennt jede seiner wenigen alten Pflanzen des einen Hektars persönlich, schont sie mit niedrigstem Ertrag und umsorgt sie biodynamisch und individuell. Wie können Petrus, Lafleur, Le Pin oder die 1er Cru beider Ufer so dramatisch viel teurer sein wo doch dieser Wein hier nicht nur viel rarer ist sondern sicher mindestens in der gleichen Liga spielt und der Liebes-Aufwand pro Rebstock ungleich höher ist? 100/100 *** Ein 1,36 Hektar großes Weingut, auf reinem Kalkstein gelegen, an der Grenze zu Castillon. Die Reben dieses Miniweinguts, das seit 1995 komplett auf Biodynamie umgestellt ist, sind zwischen 50 und 60 Jahre alt. Tertre de la Mouleyre liegt in Steinwurfentfernung zu Château Valandraud, in der anderen Richtung liegt Peby Faugères, nach unten folgt Castillons Superstar Clos Louie. Das Weingut wird in dritter Generation von Eric Jeanneteau betrieben, er lebt von diesen winzigen 1,66 Hektar. Sein Großvater begann mit insgesamt fünf Hektar Saint-Émilion und zwei Hektar Castillon. Das Terroir besteht hier aus reinem Kalkstein mit einer Lehmauflage. Der Ertrag der Dichtpflanzung wird über das Jahr hinweg auf maximal acht Trauben pro Stock reduziert, das bringt Erträge von weit unter einem halben Kilo pro Rebe. Das Weingut ist zwar biodynamisch zertifiziert, dies wird aber aus politischen Gründen nicht gelabelt. Der Ausbau erfolgt zu 60 Prozent in neuem Holz, zu 40 Prozent in Zweitbelegungen. Die spontane Fermentation geschieht in INOX-Gärbehältern von maximal 25 Hektolitern, um Parzelle für Parzelle separat vergären zu können. Die Vergärung wird relativ rasch bei durchaus hohen Temperaturen vollzogen, alles schwefelfrei. Auch in der Zeit der malolaktischen Gärung und des Ausbaus bleibt der Wein immer noch ohne Schwefel, den bekommt er erst bei der Abfüllung. Es wird mit Bâtonnage gearbeitet. Eric Jeanneteau war lange Zeit Partner der Tochter von Francois Mitjavile von Tertre Roteboeuf. Zumindest in der Entwicklung der Weine ein ganz hervorragender Familienzusammenschluss. Auch wenn das Paar mittlerweile nicht mehr zusammen ist und Tertre de la Mouleyre ob seiner Unbekanntheit auf einem völlig anderen Preislevel liegt, reden wir hier von der gleichen Liga.

Jahrgangsbericht

2022 hatte den trockensten Sommer in Frankreich seit Beginn der Aufzeichnungen und war insgesamt das heißeste Jahr seit 1947. Nicht so extrem und plötzlich heiß wie 2003, eher harmoniefördernd gleichmäßig warm und eben sehr trocken. Nachdem im November und Dezember 2021 satt Regen fiel, blieb es in den Folgemonaten trocken und warm. Die Reben konnten sich also bei gleichmäßiger Blüte langsam an die Trockenheit gewöhnen. Die Terroirs mit den besten Wasserspeicher-Eigenschaften und den sehr tief wurzelnden alten Reben konnten das Wasser-Reservoir des Winters und Frühjahrs nach früher und sonniger Blüte relativ problemlos durch den trockenen Sommer nutzen. Regen gab es erst wieder im Juni und dann in der zweiten Augusthälfte mit 30 bis 50mm. Danach blieb es sonnig und trocken mit einem langen »Indian Summer« bis weit in den Oktober und sogar November. Jeder konnte auf den perfekten Erntezeitpunkt warten, zumal es dank sommerlicher Stillstände keinen Zucker-Alkoholdruck gab. Wer mit alten Reben und perfekten Terroirs dann noch verschont wurde vom jährlich zunehmendem April-Frost und vom allzu häufigen Hagel des Frühsommers, konnte sich gerade als biologisch arbeitender Winzer über das, ob des Klimas, vollständige Ausbleiben von Fäulnis und Pilzkrankheiten freuen. Niemand musste auch nur irgendwas spritzen. Für Bio-Winzer mit alten Reben und superbem Terroir war 2022 ein so noch nie erlebtes, perfektes Jahr, zumal man sich über die vergangenen 10 extremen Jahre an die besser angepasste Laub- und Bodenarbeit gewöhnt hatte. Saint Emilions und Castillons Kalksteinfelsen, Pomerols und Fronsacs Lehmböden und die dicken Kieslinsen des Medocs hatten bei sehr altem Rebbestand bis auf den Malus kleinerer Erträge kaum Sorgen. Weniger, aber ein überragend intensiver Saft aus kleinen, dickschaligen, kerngesunden Beeren. Aromatisch frischer Most, tiefes und zugleich delikates Tannin, dazu eine überragende Balance. Junge Reben und sandige Böden litten allerdings extrem, da gab es hier und da schon desaströse Ergebnisse. Besonders profitiert haben, neben den o.g. perfekten Böden dazu am linken Ufer, die in sehr nassen Jahren benachteiligten Fluss- und Ufernahen Terroirs des Medocs, des nördlichen Haut Medocs und Saint Estèphes. Die meisten Winzer vergleichen 2022 mit 2018, allerdings war 2022 überwiegend noch deutlich konzentrierter und reicher in der Frucht, vibrierender, cremiger und trotz der extremen Reichhaltigkeit erstaunlich frisch, seidig und harmonisch, das erinnert auch an das Traumjahr 2016. 2022 ist nicht so extrem pikant wie das Hammerjahr 2019 und nicht ganz so tänzelnd finessenreich wie der 2020er. Winzer mit langer Erfahrung sprechen eher von einer deutlich perfekteren Reinkarnation der Jahrgänge 1982, 1961 und 1949. Jean-Philippe Janoueix, eine Instanz am rechten Ufer und Besitzer vieler Châteaux in Pomerol, Saint Emilion und Castillon sagt: »2022 is the more concentrated version of 2018. With deep acidity and rich, soft masses of tannin, 2022 is the much better and long-lived resurrection of the great 1982 and 1961.« Und das mit größerem Know-how, optimaleren Weinstöcken, niedrigeren Erträgen je Stock, besserer biologischer Weinbergsarbeit, dramatisch präziserer Selektion vor der Kelter (Laser und Wasserbad) und einer kenntnisreicheren Kellertechnik als vor vierzig Jahren. Ohne Zweifel ist 2022 also ein historischer Jahrgang. Fakt ist, dass trotz der wohl berechtigten Jubelschreie der allerbesten Winzer das Jahr 2022 auf Kante genäht ist. Junge Reben und nur mittelgute und schwächere Terroirs, und das ist nun mal mit Abstand der Großteil des Bordelais, haben in nassen und noch mehr in solch trocken-heißen Jahren ganz schlechte Karten und üble Zukunftsaussichten. Und leider werden die Jahre trotz einiger, klassischer Ausnahmen wie das Bordelaiser »Normaljahr« 2021 im Schnitt immer extremer. Die wenigen, strahlenden Topwinzer der Appellationen glänzen ob der extraterrestrischen Qualitäten mehr denn je, die große Masse bleibt auf der Strecke. Die Spitze der Pyramide wird noch schmaler und zugleich noch höher. 2022 ist für die Superstars jeder Appellation ein so noch nie dagewesener Qualitätstraum, aber wo soll das für die breite Basis enden? Spanien findet den Ausweg aus den immer extremeren klimatischen Wetterkonditionen in 800 bis 1200 kühlen Höhenmetern, aber wie sieht – neben den weiter vorwärts stürmenden Superstars – die Zukunft des Bordelaiser »Normalwinzers« auf NN aus?

20+
/20

Gerstl über: Chateau Tertre de la Mouleyre

-- Gerstl: Hier stehe ich wieder, in diesem extrem kleinen Keller. Eric hat immer ein Lächeln auf den Lippen, wenn er vom Jahrgang 2022 erzählt. Alles hat gepasst, auch Frische und Eleganz sind da. Dieses Kleinstweingut ist inzwischen an der Spitze vom St-Emilion angelangt, es braucht den Vergleich mit den allerbesten Châteaux nicht zu scheuen. Die Nase ist höchst aromatisch und sehr fein gewoben, etwas Pfeffer und Veilchen, macht grosse Freude. Am Gaumen wiederum extrem frisch, die Kraft ist da, unglaubliche Aromatik, viel Spannung. Der Wein bereitet unglaublich viel Vergnügen beim Degustieren, am liebsten würde ich hier einen satten Schluck nehmen (statt spucken). Alles ist hier der Eleganz und der Feinheit gewidmet, das kriegt man nur hin, wenn man einen extremen Aufwand in den Rebgärten betreibt, Eric arbeitet quasi mit der Nagelschere. 20+/20

Mein Winzer

Tertre de la Mouleyre

1,7 Hektar großes, auf Kalkstein an der Grenze zu Castillon gelegenes Weingut. Die Reben dieses Mini-Weinguts, das seit 1995 komplett auf Bio umgestellt ist, sind um die 50 Jahre alt. 80% Merlot, 20% Cabernet Franc.

Chateau Tertre de la Mouleyre 2022