Lobenberg: Die Besitzer dieses Weinguts sind Florence und Daniel Cathiard. Inzwischen seit Jahren biologischer Weinbau. Die Cépage besteht aus 60 Prozent Cabernet Sauvignon, 34 Prozent Merlot, vier Prozent Cabernet Franc und zwei Prozent Petit Verdot. Spontane Vergärung der entrappten Beeren in offenen Holzgärständern. Der Ausbau erfolgt zu 60 Prozent in neuen Barriques, zu 40 Prozent in gebrauchten. Die Auswahl des Holzes hat sich im Laufe der Zeit in Richtung Burgund verschoben, zu härterem Holz mit dichteren Poren und weniger Toasting. Spontane Gärung, biologische Weinbergsarbeit. 2019 war das zweite mediterrane Extremjahr in Folge. Im Sommer gab es auch 2019 eine lange Verschlussphase der von Hitze und Trockenheit heimgesuchten Weinberge mit einer daraus resultierenden Bewahrung der Frische. Ein Phänomen mediterraner Weinberge. Die Südrhone kennt das nun seit 2o Jahren, in Bordeaux ist diese Art des Weins und Klimas trotz der Erfahrung von 2003 und 2009 immer noch relativ neu. Tiefe pH-Werte, Frische und erstaunlicherweise auch gute Säurewerte verbleiben in diesen heißen Sommern. Etwas, das man nie vermutet hätte, zumal man mit Blick auf 2003 auch negative Vorberichterstattung hatte. Aber 2003 gab es zugleich mehr Regen, die Reben haben nie wirklich zugemacht, sondern unter der Hitze gelitten und dadurch auch ordentlich Alkohol gebildet. 2018 und 2019 war das nicht der Fall. Das heißt, wir haben auch moderate Alkoholgrade um 13 Volumenprozent. Ich habe das große Vergnügen, hintereinander die verschiedenen Stilistiken aus Pessac Leognan probieren zu können. Zuerst einen La Mission-artigen Château Seguin mit dieser wunderbaren Würze, dann den Edel-Burgunder mit reichlich Fülle eines Richebourg in Form von Château Leognan, und jetzt final den Smith Haut Lafitte. Ein Weingut, das seit 2016 qualitativ fast explosionsartig dazugewonnen hat in Sachen Qualität, Finesse und Feinheit. War es 2009 und 2010 noch überextrahierte, holzbeladene Blockbuster und Kraftmeier, so ist es ab 2016 mit das Eleganteste, das man sich in Pessac Leognan vorstellen kann. Nase und Mund werden dominiert von allerfeinster Schwarzkirsche hoher Intensität. Aromatisch explosiv und süß, aber nicht fett. Sowas von intensiv. Das Ganze mit feiner, salziger Lakritze unterlegt. Minze und Eukalyptus spielen ziemlich massiv mit rein. Das Süßholz bricht immer wieder durch. Dazu Rosen und Veilchen, auch ein bisschen Lavendel. Eine süße, fast reiche Blumigkeit unterlegt das Schwarzkirsch-Potpourri. Dann kommen süße Maulbeere, Brombeere und Cassis dazu. Alles sehr süß, sehr aromatisch, reich und dicht, aber nicht fett. Es bleibt eine spielerische Balance in dieser immensen Üppigkeit. Der Wein nimmt alles ein im Mund. Schwarze Erde, dunkle, flüssige Schokolade. Immer wieder diese konzentrierte Schwarzkirsche, dann kommt auch Pflaume dazu, aber nicht als Backpflaume, sondern durchaus frischbleibend. Auch ein Hauch Amarena Kirsche. Aber nochmal: Es hört sich an wie überreif, aber das ist es nicht. Es ist nur so unglaublich dicht und passend reif und voluminös. Es ist ein Blockbuster, aber er hat ein butterweiches, samtiges, fast seidiges Tannin. Seltsamerweise hat er bei dieser enormen Üppigkeit kein übermäßiges Fett, es ist keinesfalls ein langweilig breiter Wein, sondern einfach nur ein hochintensives, majestätisches Ereignis. Das ist einfach ein großer Wein. Ich war sehr angetan vom extrem aromatisch würzigen Seguin und vom burgundischen Château Leognan, aber ich muss ganz ehrlich zugeben, dass Smith Haut Lafitte dem Ganzen die Krone aufsetzt. Das ist einfach ein brutal intensiver Kracher, ohne dabei fett zu sein. Ein Blockbuster ohne Breite. Von allem zu viel und trotzdem macht der Wein unglaublich Spaß und bereitet Freude. Dieser Wein wird über viele Jahrzehnte altern können und ich freue mich darauf, diesen Wein zu meinem 90. Geburtstag trinken können, denn dann wird er wahrscheinlich gerade erst im optimalen Bereich landen. 100+/100