Lobenberg: Château Seguin liegt in Pessac-Léognan, also inmitten starker ozeanischer Klimaeinflüsse. Die typische Komposition der Böden ist hier ein Sand-Kies-Gemisch. Die Böden sind identisch mit denen der Nachbarn Haut-Brion und La Mission Haut-Brion, das ist auch in historischen Büchern nachzulesen. Man findet hier minimale Einsprengsel von Lehm und Sand im Kies. Das Weingut umfasst 30 Hektar, die Reben stehen in Dichtpflanzung mit 7.000 Stöcken pro Hektar. Das ist sicherlich eines der Erfolgsgeheimnisse. Die Vergärung geschieht spontan, der Ausbau erfolgt zu 60 Prozent in neuen Barriques, zu 40 Prozent in gebrauchten. Der Besitzer, Denis Darriet erzeugt den Erstwein nur aus den älteren Reben, die inzwischen über 30 Jahre sind. Trauben von sandigeren Böden gehen in den Zweitwein, jene von den Topböden, mit Kies und etwas Lehm, gehen in den Erstwein Seguin. Seit 2018 besitzt Château Seguin die höchste staatliche Zertifizierungsstufe im Bereich der Umweltverträglichkeit. Wegen Frostschäden, die ja bekanntlich die Qualität in keiner Weise mindern, weil der zweite Austrieb nicht verwendet wird, gibt es extrem wenig Menge in 2020. Nur ein Zehntel der normalen Jahresmenge – dramatisch. Alle Spezialcuvées sind in diesem Erstwein: die Cuvée de la House, die Cuvée Confidence. Die Nase erinnert mich sofort – wie so oft – an La Mission Haut-Brion. Satte, reife rote Frucht. Himbeere, Erdbeere, unglaublich fein, leichter Holz-Touch. Helle Lakritze, ein bisschen süßer Lavendel, auch Vergissmeinnicht, Veilchen und sogar Jasmin. Sehr ätherisch, zart, hochgradig duftig und intensiv, aber nicht fett. Wow, was für ein Mundeintritt! Was für eine immense Konzentration in roter Frucht. Der Mund erinnert mich an Lafite Rothschild. Wow, in einem Jahrgang 2020, der so eine hohe Reife hat, so eine immens rasiermesserscharfe, vibrierende, dynamische rote Frucht in die Flasche zu bringen – genial! Immense Länge, auch hier wieder helle Lakritze, helle Schokolade und eine grandios vibrierende, frische rote Frucht. Rote Johannisbeere mit säuerlicher Himbeere und Sauerkirsche. Aber nie wird es üppig, nie wird es schwarzfruchtig. Es bleibt rot und extrem elegant. Eine Mischung aus Château La Mission Haut-Brion und Lafite. Das Ganze mit hoher Reife und seidigsten Tanninen. Grandioser Stoff. 2020 ist auf jeden Fall auf dem Level von 2019, wobei 2019 schwer steigerbar war. Aber es gibt nur ganz wenig Flaschen, 90% Verlust durch Frost, das wird eine dramatische Zuteilung werden. Superb und einer der besten Weine der Appellation Pessac-Léognan in diesem Jahr. 99-100/100