Lobenberg: Château Lynch Bages liegt auf dem Bages-Plateau oberhalb des Örtchens Pauillac und der Gironde. Selber Besitzer wie bei Pichon Baron, Jean-Michel Cazes ist der Inhaber. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings keinen einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Zumal Mitte August circa 80 Millimeter Regen fielen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Der 2020er Lynch Bages besteht aus 60 Prozent Cabernet Sauvignon, 31 Prozent Merlot, vier Prozent Cabernet Franc und fünf Prozent Petit Verdot. Der Alkoholgehalt liegt bei 13,4 Volumenprozent, die Säure bei vier Gramm, der pH-Wert bei 3,7. Der Ausbau erfolgt für 18 Monate in Barriques, 75 Prozent davon sind neu. Das ist schon ein ganz anderer Schlag als der zuvor probierte Haut Batailley. So eine immense Wolke an reifem Cassis mit Brombeere und Maulbeere. Auch ein bisschen würziger Wacholder. Holunder, schwarze Erde, süße, schwarze, bittere Schokolade und satte schwarze holländische Lakritze. Ein immenses Potpourri, untermalt von ein bisschen Minze und Eukalyptus. Eine schwarze Wolke, immens und dicht. Der Mund zeigt eine grandiose Spannung. Auch hier wieder das Schwarze, das Süße. Zuallererst dieses satt-schwarze, scharfe, bissige, salzige Lakritz. Dann folgen süße Maulbeere, Cassis und Rosmarin – tolle Süße. So unglaublich viel schwarze Frucht, so immens dicht und aromatisch. Das Finale: Lakritz, Salz, Rosmarin und Honig. Von allem viel und reichlich. Unglaublich aromatisch. Sensationelle Spannung, fast dramatisch in seiner Ausrichtung. Nicht ganz so frisch wie 2019, aber dafür noch wuchtiger. Die Tannine sind immens, aber sie sind samtig. Seidig sind sie nicht, dafür sind sie viel zu üppig. Das Ganze endet mit schmalen Augen, die Zunge rollt sich. Was für eine Wuchtbrumme. Und trotzdem ist es kein fetter Wein. Man glaubt es kaum – es passt zusammen, es hat Harmonie. Großer Stoff, ganz ohne Frage. Nicht die unglaublich klassische Eleganz eines Pichon Lalande, aber ein hocheindrucksvoller Pauillac aus einem ganz großen Sammlerjahrgang ist das allemal. Und best ever Lynch Bages, eine reife Wucht! 98-100/100