Lobenberg: Le Boscq besteht 2021 aus 50 Prozent Cabernet Sauvignon, 42 Prozent Merlot und sechs Prozent Petit Verdot. Dieser Wein ist in den meisten Jahren ein super Deal, ein typischer, würzig schwarzer Saint-Estèphe. Man bekommt hier immer fast unanständig viel Wein fürs Geld. Es gab hier in 2021 keinen Frost, da die Weinberge in erster Reihe zum Fluss stehen. Die Nase ist schon echt vielversprechend in dieser Tiefgründigkeit und dunklen Konzentration. Heller Tabak, Heidelbeere und Cassis. Schwarzkirsche, Brombeere, Maulbeere, satte Lakritze, alles untermalt von feiner Wacholderwürze. Auch ein bisschen fettes Süßholz und Saint-Estèphe-typischer Eukalyptus und Minze. After Eight. Schon sehr schwarzfruchtig und drückend. Auch am Gaumen dann mit viel reifer Beerenfrucht, schwarz-violett in der Ausprägung mit viel Saft, Blaubeere, Veilchen, Minze, dazu ganz feines, samtiges Tannin. Das ist zwar einerseits dicht, aber auch charmant. Ein Leckerli mit elegantem Twist. Kein richtig großer Wein wie Cos oder Montrose, aber eine ganz sichere Bank und ein fast unverschämtes Schnäppchen. Seit 2016 gibt es im Medoc kaum bessere Weine für diesen unglaublich tiefen Preis. 93-95/100 *** Château Le Boscq gehört zum Imperium der Thienot Champagner-Familie, zu dem auch Belgrave in Haut-Medoc und La Garde in Pessac-Léognan gehören. Auch einer der größten Négociant hier, CVBG, gehört zu diesem Imperium. Le Boscq ist spätestens seit 2009 und 2010 im Bereich der Verfolger der Spitze angekommen, also oberes Mittelfeld. Natürlich sind Montrose, Cos d´Estournel und Calon Ségur in ihrer Spitzenstellung nicht gefährdet. Aber dann im Reigen der Zweiten von Lafon-Rochet bis Phélan Ségur, bis Meyney und eben Le Boscq (gegebenenfalls in der weiteren Verfolgung Lilian Ladouys), ist es ein echter Kampf und mittlerweile ein Gerangel überragender Domaines in dieser Appellation. Gerade in den warmen Jahren, die es ja durch den Klimawandel immer häufiger gibt, ist die hohe Reife gegeben auf einem grundsätzlich eher kühleren Terroir. Das ist dann schon ziemlich perfekt. *** Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.