Lobenberg: Das Weingut hat nur 2,5ha, 2013 wurden weniger als 3.000 Flaschen erzeugt, ein Drittel der Normalmenge, die Blüte war verrieselt. 100% Merlot. Uralte Reben in Dichtpflanzung, winzige Trauben, nur 500 Gramm je Stock. Der Besitzer ist Pierre Lafon. In dieser Region sind sonst Lehmböden üblich, diese 2,5ha liegen aber komplett auf Kalksteinböden mit Kreide und leichter Lehm- Sandauflage. Pierre Lafon bearbeitet sein Weingut organisch biologisch als reiner Einzelkämpfer und in reiner Handarbeit. Das Weingut liegt unterhalb von Chateau Pressac. Die Reben sind 60 Jahre alt, gepflanzt 1956, nach dem großen Frost, als viele Reben zerstört wurden. 2013 verbrachte Pierre von Juli bis Oktober die Hälfte der Zeit auf den Knien im Weinberg. Laubarbeit individuell je Weinstock, mit der Nagelschere wurde jedes auch nur ansatzweise faul werdende Beerchen entfernt. Ernte in voller Reife und kerngesund im Oktober, extremste Auslese eventueller Unreife schon im Schnitt im Weinberg, nochmal auf dem Sortiertisch, händische Entrappung und Eimer für Eimer Verbringung in die kalte Maische, erste Mazeration Carbonique dann spontane Hefe-Vergärung, 4 Wochen anschließender Verbleib auf den Schalen zum Entzug der Bitterstoffe. Garagenwein ist bei dieser 2013er Arbeit fast ein Großbetriebsbegriff. Jeder weiß, dass die Merlot 2013 benachteiligt war, aber Pierre und einige andere hart selbst im Weinberg schuftende Malocher (Francois Mitjaville von Tertre Roteboeuf ganz in der Nachbarschaft auch) vollbrachten Wunder. Die Nase ist von berauschender Schönheit mit sensationellem Beerendruck, hocharomatisch, schwarzer Kirsche, Brombeere und Schokosouffle. Wunderbare Balance im Mund, samtiges Tannin, geringer Alkohol, dichte schwarze Frucht mit dunkler Erde und Milchschokolade. Salzige Kalksteinmineralität im langen, so unglaublich aromatisch pikanten Finale. Pierre war so überzeugt, dass er die 2012er und 2011er gleich daneben verkosten lies. Puuh, 2013 war nicht der Verlierer, auch wenn die Vorgänger mehr Süße haben, 2012 sogar fast übermenschliche Verführungskraft. 2013 besticht mit ungeheurer Struktur und Dichte, das ist großes Kino hier, ein Winzling mit genialem Terroir und Frohnarbeit schlägt alle Edelnamen in Saint Emilion, lediglich Tertre Roteboeuf, Beausejour Duffeau, Clos Dubreuil, Clos Saint Julien, Tour Perey und Cheval Blanc können auf dem Level mithalten. Nicht umsonst sind die meisten der genannten winzige Einzelkämpfer mit übermenschlichem Ehrgeiz und Eifer. Der Rest der Appellation ist dann eher Schweigen. Nein, dieser Wein ist nicht nur relativ gut für 2013, das ist überhaupt ein genialer Wein mit großer Klasse und ein Kandidat für die erste Reihe. 93-94+/100