Lobenberg: Dieses in Konversion zu Bio (erstmals 2015 zertifiziert) befindliche kleine Edelweingut von Oliver Decelle liegt direkt neben Cheval Blanc, an der Kante dann auch La Dominique als Nachbar. Und wie Cheval Blanc auch hier 50% Cabernet Franc, 5% Malbec, nur 45% Merlot. Die Ernte fand hier Anfang Oktober für Merlot statt, Mitte Oktober für Malbec und erst um den 20. Oktober für die sehr reife Cabernet Franc. Anfang August zeichnet sich die Feuchtigkeit und Kühle des Augustes ab, und Oliver Decelles, genauso wie die Nachbarn Cheval Blanc, die sich absprachen, dachten an eine Katastrophe wie im Jahrgang 2013. Sie haben massiv im Rebberg ausgedünnt, weggeschnitten, alles auf locker gestellt, extreme grüne Lese, um für den äußersten Fall wie in 2013 gut gerüstet zu sein. Als sich dann im September und Oktober dieser wahnsinnige Indian Summer einstellte, waren beide Weingüter perfekt gerüstet und mussten im Weinberg nichts mehr tun und konnten lange hängen lassen. So haben sie am Ende die Früchte ganz reifer Cabernet geerntet. Hätte es etwas mehr Sommerwärme gegeben und die Merlot wäre auch noch perfekt geworden, es hätte hier 100-Punkte-Weine geregnet. Aber so ist das schon mit das Beste, was Saint-Émilion in diesem Jahrgang gebracht hat, und das ist schon verdammt gut. Chateau Jean Faure mit exakt gleichem Terroir und gleichem alten Rebbestand wie Cheval Blanc, das war vor Jahren der Hauptinteressent diese Domaine zu kaufen - Oliver Decelles war einfach schneller und den Besitzern genehmer. Es ist ja nicht anders zu erwarten als das in der Qualität etwas Ähnliches herauskommt, zumindest tendenziell. Die Nase ist dementsprechend zum Reinspringen schön. Schlehe an erster Stelle, dann rote Johannisbeere, zusammen mit Sauerkirsche. Sehr dichte, konzentrierte rote Waldbeeren. Erst langsam dämmert es mir, was in diesem Wein noch alles schlummert. Da kommt noch Zwetschge hinter der Schlehe, da kommt feine rote Kirsche. das ist unendlich fein, ätherisch duftig. Das ist burgundisch-verspielt. Das ist fast Volnay-Stil, d'Angervilles Clos des Ducs lässt grüßen. Der Mund behält nicht ganz diese Ultrafeinheit, sondern kriegt sehr viel kalkig-kreidige, mineralische Salzigkeit dazu. Intensive Würze und Dichte wie Clos Rougeard von der Loire, die Cabernet Franc zieht sich mit einer gewissen Schärfe durch. Pfeffer, sogar Cayenne-Pfeffer, und am Ende wieder viel Salz. Das Ganze endet auf heller, roter Kirsche. Die Feinheit wird durch die Würze durchbrochen und mündet in ein seidiges Finale mit gutem saftigen Trinkfluss. Der Wein wird später nie langweilig, sondern wird immer diese Spannung behalten. Eine Spannung, wie sie auch in jedem guten Cheval Blanc enthalten ist. Das ist das Terroir hier, das ist die Rebsortenzusammensetzung. Und wenn man weiß, wie sehr Cabernet Franc mit der Reife Kraft, Volumen und Fülle aufbaut, der ahnt jetzt schon, dass das auch später einmal ein zwar immer elegant und würzig bleibender Wein, aber doch ein Kraftmeier wird. Ein raffinierter Wein. Delikat. Das ist für kleines Geld großes Kino und ein richtig spannender Wein. 96-97/100