Lobenberg: Château Doyac ist ein ganz kleines Weingut mit wirklich extrem arbeitenden Besitzern, im Grund so eine Art zweites Clos Manou. Spezielles Terroir mit reinstem Kalkstein, deshalb auch die spezielle Ausrichtung mit so viel Merlot, was sehr untypisch für das Médoc ist. 85 Prozent Merlot, 15 Prozent Cabernet Sauvignon im Jahrgang 2019. 80 Prozent des Weines werden in den Erstwein gegeben. Der Alkoholgehalt liegt bei 14,5 Prozent. Damit ein halbes Grad mehr als letztes Jahr aber aufgrund der hohen Säure und Frische zu vernachlässigen. Der Weinberg ist dichtgepflanzt mit 7.000 Pflanzen pro Hektar, der Ertrag liegt bei 40 Hektolitern. Das heißt pro Stock deutlich weniger als ein Kilo aus kleinen stammnahen Träubchen. Der Untergrund besteht überwiegend aus Kalkstein mit einer geringen Lehmauflage. Doyac ist 28 Hektar groß und arbeitet komplett Demeter zertifiziert in Biodynamie. Die Weinstöcke sind im doppelten Guyot erzogen, die Ernte geschieht händisch und mechanisch mit einer Nachsortierung sowie einer optischen Lasersortierung nach dem Entrappen. Also es kommen nur top Beeren in die Vergärung, völlig clean. Die Fermentation erfolgt innerhalb von 15 Tagen bei rund 26 Grad im Inox-Stahl, temperaturreguliert. Der Ausbau dann für gut 12 Monate im Holz, davon 25 Prozent neues Holz. Es werden knapp 100.000 Falschen erzeugt. Die Önologen sind der berühmte Eric Boissenot, der viele berühmte Premier und Deuxième Cru im Médoc berät, und dessen Mitarbeiter Marco Balsimelli, der auch bei Chateau Carmenere berät. Das Rebalter ist ungefähr 25 Jahre. Komplette Entrappung und als Biodynamiker natürlich spontan vergoren. Doyac liegt direkt neben der Appellation Saint-Estèphe, etwas im Süden davon. Der 2019er ist extrem dunkel, das Rot ist kaum noch erkennbar. Eher schwarz mit blauen Reflexen an den Rändern. Rubinrot leuchtender Rand. Die Nase strahlend, crisp und kristallin. Mit üppiger Frucht ausgestattet. Zuerst kommt Sanddorn, das ist ein wenig überraschend. Dann Schlehe, Minze, Eukalyptus. Mit etwas mehr Luft kommen Brombeere, Maulbeere und ein kleines bisschen Cassis darunter. Satte Schwarzkirsche und reife schwarze Pflaume. Sehr betörend duftig. Ein fast explosiver und reicher, dichter Mund. Viel Schwarzkirsche, darunter Schlehe und etwas Sauerkirsche. Erst ganz langsam ein kleiner Hauch Brombeere, fast eher schwarze Himbeere. Und wieder Sanddorn im Nachhall. Ein klein bisschen Chilischärfe dazu. Salzige Mineralität aufbauend. Auch wieder Eukalyptus, dann kommt Holunder. Ein satter, eher zur schwarzen Frucht laufender Fruchtmix. Aber nicht süß, komplett durchgegoren. Und trotzdem keinerlei Bitterstoff, keinerlei Härte, nichts Grünes. Komplett reif und trotzdem unsüß. Dabei dicht und körperreich, nur eben nicht fett. Kraftvoll mittig laufend und für zwei Minuten stehend. Dazu ein bisschen Lakritze und Hagebutte. Die hatten wir im letzten Jahr auch schon hier. Insgesamt ein bisschen eine andre Charakteristik als 2018, der mehr zur roten Frucht geht, so geht 2019 eher zur schwarzen Frucht. In beiden Jahrgängen total reifes, seidiges, samtiges Tannin. Wie im letzten Jahr schon ein Anwärter auf den Status einer der drei besten Médoc / Haut-Médoc. Aber wie schon 2017 muss er sich hinter Clos Manou und Caménère als dritter der drei Musketiere einordnen. Der Wein steht eindrucksvoll und haftet am Gaumen und auf der Zunge während ich meinen Text bearbeite. Er verschwindet gar nicht wieder. Der 2018er war schicker, stylischer, etwas rotfruchtiger, vielleicht auch etwas schlanker. 2019 ist sicherlich aufregender, weil er trotz des höheren Alkohols eine noch größere Frische hat. Zwei sehr andere Weine, zwei sehr verschiedene Jahre, was doch in dieser Eindeutigkeit etwas erstaunt. Die Übereinstimmung liegt in der wunderbar schönen Reife und in der absolut reifen Tanninstruktur. Ich setze ihn nicht höher als 2018, weil er einfach nur anders ist, aber auf dem gleich hohen Level. 97/100