Gerstl über:
Chateau Coutet
-- Gerstl: St. Emilion (nicht Sauternes). Das ist vielleicht die allerschönste Entdeckung, die ich in meiner Karriere als Weinhändler machen durfte. Es ist eine unglaubliche Geschichte, das ist das älteste Bio – Weingut der Welt. Seit 1599 gibt es dieses Weingut und es war immer Bio, nie wurde hier Chemie gespritzt. Ich bin an diesem Bijou von Weingut jahrelang blind vorbeigegangen. Ich habe den Wein oft probiert und nie für gut genug befunden, um ihn in unser Sortiment aufzunehmen. Dies aus dem einfachen Grund, weil der Wein ganz anders ist, als alle andern Weine in dieser Region. Nicht nur die Chemie wurde hier niemals verwendet, auch moderne Techniken der Vinifikation hat man bisher immer links liegen gelassen. Das Ergebnis ist ein eigenwilliger Wein, der sich mit Nichts vergleichen lässt. Ich muss leider gestehen, wenn wir an einem Tag Duzende von Weinen probieren, hat auch ein grosser Wein keine Chance, wenn er – so wie dieser – völlig aus der Reihe tanzt. Da muss man ganz einfach das Glück haben, dass jemand einen auf dieses Weingut führt. Dann stellt man fest, da ist ein Weingut an allerbester Lage in St. Emilion umgeben von ganz grossen Namen wie Angélus, Beauséjour-Duffau, Beauséjour-Bécot oder Grand-Mayne. Das Weingut wird bewirtschaftet von einer leidenschaftlich naturverbundenen Famile. Hier gibt es noch Tiere und Pflanzen, die sonst überall in Europa längst ausgestorben sind. Und hier wird ein Naturwein von edler Schönheit produziert. Dieser schreit allerdings nicht laut: “Hier bin ich – entdecke mich.” wenn der Gerstl ihn probiert. Und er zeigt damit dem Gerstl auch wieder einmal die Grenzen seiner degustatorischen Fähigkeiten auf. Aber ich bin unglaublich dankbar, dass ich diesen Wein trotzdem noch entdecken durfte. Der Duft erinnert sofort an einen Ur- St. Emilion klassischen Stils, mehr Terroir als Frucht, eine unglaubliche Tiefe, enorme Vielfalt, das ist ein grosser Wein, der aus diesem Glas funkelt, aber ein eigenwilliger, kein angepasster. Am Gaumen zeigt er genau das, was man auf Grund der Geschichte erwartet, das ist einfach ein Stück Natur, wie man es sich schöner nicht vorstellen könnte, das ist total eine andere Welt, wir kommen von all den auf Anhieb leckeren offen zugänglichen Weinen, zu einem Klassiker, den man zuerst verstehen muss, das ist ein Weinerlebnis das ich zuerst einmal verabreiten muss. An diesem Wein sind wir jahrelang vorbei gegangen ohne ihn zu beachten. Jetzt probiere ich ihn ein erstes Mal im Wissen, was dahinter steckt, ich beginne ihn zu verstehen und ich liebe ihn auf Anhieb, sooo schön, trotzdem eigenwillig, fast störrisch, eine Weinbegegnung der ausserirdischen Art. Und wie soll man so einen Wein bepunkten? Für micht steht ausser Frage, dass er ganz gross ist, also mindestens 19/20. Diese Gösse warden aber nicht alle nachvollziehen können. Trotzdem glaube ich, dass der achtsame Weingeniesser viel Freude daran haben wird. Ich will aber auch nicht Erwartungen wecken, die der Wein mit seiner speziellen Charakteristik nicht erfüllen kann, deshalb habe ich mich für eine vorsichtige Bewertung von 18+/20 entschieden. 18+/20