Lobenberg: Biodynamisches Weingut von Thierry Valette. Alles gewachsen auf Lehm und Kalkstein wie das Saint-Émilion-Plateau. Die Ernte fand 2012 zwischen dem 25.September und 01. Oktober statt, das ist rund zwei Wochen früher als bei Nichtbiodynamikern, der geringe Ertrag von nur gut 500 Gramm pro Stock macht es möglich. Verwendet werden 75% Merlot und 25% Cabernet Franc, kein Cabernet Sauvignon in diesem Jahr. Extrem dichte, schokohafte Schwarzkirschnase, ein bißchen gelbe Frucht darunter, Mango, Orangenschale, vibrierende Mineralität, Steine, Salz, üppig, aber überhaupt nicht fett, extrem elegant und fein, und doch samtig, vollmundig, allen Platz einnehmend, wunderbare Spannung aufbauend. In diesem Castillon haben wir Eigenschaften wie bei Jean Faure in Saint-Émilion mit seiner hohen Mineralität. Das Besondere ist hier wie da die unglaubliche Feinheit der Cabernet Franc. Die Entrappung passiert mit Rütteltischen. Es wird einen Tag Kaltmazeration durchgeführt, die Beeren werden nicht angecrusht sondern vollständig und unverletzt in den Gärbehälter gegeben, zum Teil Zement, und dann wird eine CO2-Drucksituation hergestellt, um die Beerenhäute aufplatzen zu lassen und die Fermentierung mit der natürlichen Hefe einzuleiten. Der Presswein wird unterteilt in den ersten, ganz sanften Presswein, der zu einem Teil separat gehalten wird und später im ''final blend'' zu einem kleinen Teil zugesetzt wird. Der zweite Pressanteil geht in den Zweitwein. Die Weine bleiben nach der alkoholischen Fermentation zwischen zwei und vier Wochen bei 20-25 °C auf der Schale stehen, um ein langsameres, weiteres Aromen-Auswaschen aus den Schalen zu ermöglichen. In diesem Jahrgang wird die komplizierteste Rebsorte, der Cabernet Sauvignon, komplett aus dem Erstwein rausgelassen (macht sonst ca. 3-5% aus). Tiefe, konzentrierte Walderdbeere und Waldhimbeere, neben der satten Kirsche auch süßes Cassis und Brombeere, aber alles ist butterweich und gar nicht fett. Auch wunderschöne süße Zwetschge, etwas Jasmin, Holunder. Der Munde zeigt sich insgesamt unglaublich saftig. Kaum vom Holz geküsst, obwohl der Wein in Barriques ausgebaut wird. Säure frisst bekanntlich Holz, und die Säure ist hoch in Thierrys Weinen, die Frische ist verblüffend. In der Nase kommen noch Noten vom Sanddorn dazu, gelber und weißer Pfirsich zur Schwarz- und Herzkirsche, unglaublich saftig, geschmeidig, dann kommt wieder rote Frucht in den Mund, rote Johannisbeere, Sauerkirsche, sehr fein. Ein so köstlicher Wein mit schöner Länge und sensationellem und großem Charme. Neben der Rasse eine hohe Spannung zeigend, der Wein ist perfekt balanciert und trinkt sich sicher noch besser als der 2011er. Vielleicht ob seiner feineren und saftigen Art dem 2009er und dem erhabenen 2010er im Genuss gleichwertig, obwohl er völlig anders strukturiert ist: weniger breit, weniger Muskeln, aber die Eleganz und Saftigkeit ist ungeheuerlich. Wenn Saint Emilion Grand Cru Classe auf dem Etikett stände so gäbe ich ihm 1-2 Punkte mehr, leider bin auch ich nicht frei von Vordispositionen. Das hier ist großes Kino! Dieser Wein gehört zu meinem 'magischen Pentagramm' der biodynamisch erzeugten Weine Bordeauxs. Allesamt genial und hochindividuell, eher noch unbekannt und kein mainstream, seit einigen Jahren auch zur absoluten Spitze gehörend: Clos Puy Arnaud, Clos Saint Julien, Fonroque, Fougas Maldoror Organic und Le Queyroux. 95-96/100