Lobenberg: Das ist das zweite, absolut angesagte Weingut der Familie Trocard in Saint-Emilion. Der Wein steht auf dem Kalksteinplateau oberhalb von Fombrauge, direkt oben auf der Kuppe, am Rande St Émilions gelegen, kurz vor Castillon. Benoit Trocard wohnt dort persönlich. Somit hat er täglich Kontakt zu den Reben. Nur 7 Hektar. Purer Kalkstein mit etwas Lehm darüber, dies ergibt immer wuchtige und zugleich feine Weine. Alte Reben, er kaufte vor 10 Jahren die ganze Rebfläche mit uralten Reben Hektar für Hektar zusammen. 85% Merlot und 15% Cabernet Franc. Der Ansatz ist allerdings ein total anderer als auf seinem zweiten Weingut Clos de la Vieille Eglise in Pomerol. Hier in Saint Emilion verwendet Benoit doch einen großen Anteil neuen Holzes (70%). Die Weine haben aber auch dementsprechend viel Power und Säure hier oben auf dem kühlen Plateau. Auf diesem Wein war ich bei der Verkostung der 2019er besonders gespannt. Der Clos Dubreuil ist manchmal – ähnlich wie das ebenfalls im Familienbesitz befindliche Weingut L´Ambroisie in Lalande Pomerol – sehr wuchtig und sehr zur Kraft neigend. 2019 kommt eben die große Frische dazu. Aber eine Frische aus der Reife, keine Frische aus spitzer Säure oder aus unreifem Traubengut. Die Nase besticht mit intensiver Sauerkirsche und Blaubeereschale. Darunter feine Lakritze, Minze und Eukalyptus. Dann eine satte Gesteinsmineralität. Schlehe, süße Brombeere, Cassis. Das ist schon enorm viel Wein und trotzdem strahlt er Frische aus. Der größere Unterschied kommt aber dann noch im Mund, weil wir hier diese wunderbare süße rote Frucht haben. Gar nicht diese von Holz und Röstaromatik gefärbte schwarze Frucht. Fast zarte, aber würzige Himbeere. Erdbeere, rote Johannisbeere und ganz viel Schlehe. Dunkle Schlehe, dunkle große Pflaumen. Dazu salzig-süße Lakritze, etwas Teer, Goudron. Enorme Länge. Kalkstein und Salzmineralität im Finish. Aber das Ganze auf extremer Intensität aufbauend. In 2019 ist die Balance von einer dritten Art. So balanciert habe ich Clos Dubreuil noch nie erlebt in einem so jungen Stadium. Man hat bei diesem Château manchmal die Furcht, dass dieses extreme Kraftpaket, dieses monolithische Ereignis, nie so richtig die Kurve kriegt. Das ist ein wenig die gleiche Furcht wie bei einem Château Pavie vom Fass, eben enorm extrahierte Weine. Aber bei 2019 kann man diese Furcht getrost vergessen, denn die Feinheit, die rotfruchtige Frische über dieser ganzen schwarzen lakritzigen Wuchtigkeit, ist absolut präsent und vorhersagbar. Der Wein braucht zehn Jahre, aber das wird in 15 bis 20 Jahren ein ganz großes Ereignis. Die pure Trinkfreude in dieser hohen schmelzigen Intensität. Ganz klar ein Power-Saint-Émilion, aber einer von der ganz feinen Art. Modern und sicherlich ein Gegenentwurf zu Tertre Roteboeuf, Coutet und Jean Faure. Mehr eine überkonzentrierte Spielart eines Clos Fourtet. Oder ein feinerer Pavie oder ein Clos Saint Julien mit wuchtigem Turbolader. Ein Ereignis, der Wein hat Größe. Und er hat vor allen Dingen mehr Feinheitspotenzial und Finesse als 2018, der auch schon ein Riese war. 98-100/100