Lobenberg: Das Weingut hat 55 Hektar, davon 45 Hektar in Produktion. Der Generaldirektor ist Laurent Dufau und seit ewigen Zeiten ist der Weinmacher Vincent Mellet. Önologischer Berater und Superstar des Médocs, der alle Premier Crus berät, ist Eric Boissenot. Eric Boissenot ist bekannt dafür, dass er Frische im Wein erhält. Er erntet nie zu spät, nie in Überreife. Das ist eigentlich sein Markenzeichen. Das Ganze wird gepaart mit immer sehr niedrigen Erträgen pro Pflanze. Das heißt Dichtbepflanzung. Hier sind wir inzwischen auf 8.000 Pflanzen pro Hektar. Natürlich alles per Hand gelesen. Zusätzlich danach händische und mechanische Sortierung der entrappten Beeren u.a. mit speziellen Rütteltischen und danach nochmal eine Handsortierung. Auf Calon Ségur wird immer schon alles zu 100 % entrappt, was im nördlichen Teil des Médoc durchaus Sinn macht, denn hier gibt es häufig auch etwas grüne Rappen. 2017 besteht aus 76% Cabernet Sauvignon, 13 % Merlot, 9 % Cabernet Franc, 2 % Petit Verdot. Der Ausbau geschieht zu 100% im neuen Barrique, 20 Monate Mindestverweildauer. Der pH-Wert beträgt 3,7 – was für einen guten Säurehaushalt spricht. Calon Segur blieb ohne Frostschäden, mit einem extrem hohen Cabernet-Anteil, der von Jahr zu Jahr höher wird. 2017 ist der vorläufige Höhepunkt. Das bekommt diesem warmen Jahrgang unglaublich. Man hat relativ früh gelesen um die Säure voll zu erhalten. Die Nase des 2017er ist unerwartet fein. Ich hätte das voller und reicher erwartet. Aber Saint-Estephe unterteilt sich dieses Jahr scheinbar in Finesse und Feinheit, oder in ein bisschen runde Langeweile. Dieser Calon Segur geht auf jeden Fall voll in die feine Finesse-Richtung. Viel rote, aber auch schwarze Frucht und Kirsche, auch Veilchen, Flieder und Lakritze, aber alles in sehr moderater Form. Sehr ätherisch, leicht. Nicht dick und fett. Auch frische Zwetschge und Kirsche darunter. Der Mundeintritt dann allerdings eine ungeheure Wucht. Aber keine Wucht in schwarzer Frucht oder in Fett, sondern ein mineralischer Ansturm allererster Güte, zusammen mit satter roter Kirsche. Ich habe lange nicht mehr so satte rote Kirsche in den Mund bekommen. So voller Säure. Sauerkirsche, Weichselkirsche. Erst langsam kommt schwarze Kirsche dazu. Dann rote Johannisbeere, Himbeere, aber alles in einer super frischen Form. Unendlich lang, unendlich salzig. Allen Platz einnehmend. Und trotzdem keinerlei Härte, keinerlei Spröde, nichts Grünes, sondern total poliertes Tannin. Das Ganze hallt für Minuten nach. Der Wein ist so unglaublich präsent im Mund und dabei so fein. Ich fand die letzten Jahre Calon Segur schon richtig gut. Was dieser 17er Wein aber für ein Feuerwerk im Mund abbrennt. So ungeheuer raffiniert. Was habe ich an diesem Wein auszusetzen? Und warum gebe ich ihm einen Punkt weniger als letztes Jahr? Vielleicht weil er so präsent, so offen, so vordergründig da ist und alles zeigt, dass ich dem noch lange verschlossenen 2016er einen Punkt mehr gebe. Dennoch, ich bin total geflasht. Das ist einer der ganz großen Weine des Jahrganges 2017. 97-99/100