Lobenberg: Château Brisson in Castillon ist der Ursprungsbesitz und die Heimat von Cedric Valade, der mittlerweile auch ein kleines Weingut in Saint-Émilion unter seinem Namen hat. Brisson ist ein Weingut mit verschiedenen Terroirs: Hügeliges Land oben auf dem Plateau, roter Lehm auf Tuffkalkstein, also sehr poröser Kalkstein. Alles liegt rund um Château d´Aiguilhe von Graf Neipperg. Der andere Teil liegt auf Kreidekalkstein mit braunem Lehm in der Nähe von Château Clos Puy Arnaud. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei 40 Jahren, überwiegend sind sie zwischen 1980 und 1986 gepflanzt worden. 85 Prozent Merlot, 15 Prozent Cabernet Sauvignon. Der Ausbau geschieht für 14 Monate im überwiegend gebrachten Barrique, zu einem Drittel in Neuholz. Die spontane Vergärung erfolgt im Edelstahl. Auf Brisson werden die Trauben komplett entrappt. Mit einigen wenigen aufstrebenden Weingütern wie Le Rey, Peyrou, Fongaban und Robin, reiht sich Château Brisson in die Reihe der Verfolger ein, hinter den fast schon arrivierten Superstars der Appellation. So zum Beispiel hinter Clos Louie, sicherlich eines der besten Weingüter des gesamten rechten Ufers, gefolgt von Domaine de L´A von Stephane Derenoncourt, Château Clos Puy Arnaud und Château d´Aiguilhe von Graf Neipperg. Insgesamt ist Castillon mit seinen Kreidekalksteinformationen, seinen Terroirs und seiner Lage der völlig unterbezahlte Verfolger der Saint-Émilion Weingüter. Häufig sogar gleichwertig. Im Grunde Saint-Émilion für Arme. Und so wie inzwischen einige Topweingüter im nördlichsten Médoc die arrivierten Weingüter am linken Ufer das Fürchten lehren, so passiert das hier mit den Weingütern in Castillon und jenen aus Saint-Émilion. Château Brisson 2019 präsentiert sich – wie schon der 2018er – mit einer unglaublich wuchtigen Nase. Reichlich schwarze Frucht, die Merlot lässt der Cabernet wenig Raum. Süße Maulbeere, Brombeere, satteste Schwarzkirsche, Holunder, Johannisbrot, Trockenfeige, Cassis. Ein bisschen getrocknete Blaubeere darunter. Viel Süße, satte Veilchen-Aromatik und ein bisschen dunkelschwarze Lakritze darunter. Erst im Mund kommen Schlehe, Himbeere, ein bisschen Erdbeere und Hagebutte. Mit dem jahrgangstypischen Holunder unterlegt. Ein bisschen Blutorange. Der Wein ist nicht ansatzweise so fein und finessenreich wie 2016, er hat aber auch deutlich mehr Kraft und Spannung als 2018, mehr Power, mehr Druck und mehr Länge. Leichte Chilischärfe – das ist so typisch für 2019. Leichter Angostura-Bitterstoff am Ende im Finale. 2019 hat eindeutig eine höhere Spannung, einen höheren Oszillographen als 2018. Von der Frische der Blutorange, bis in die samtig-seidigen Tannine reichend, ist der Spannungsbogen sehr groß. 2019 weist mehr Dramatik auf. Ein wirklich interessanter Wein auf dem gleichen Level, mit anderer Charakteristik als 2018. 93+/100