Lobenberg: Gattinara ist eine der spannendsten Regionen Italiens, denn die Weinberge sind hier im Norden des Piemonts auf Alpen Ausläufern gelegen – sozusagen also die Region Langhe in kühler. Nebbiolo, die hier »Spanna« genannt wird, ist bei weitem die wichtigste Rebsorte, Stefano Dorelli macht seine Gattinara sogar genau so wie Baroli oder Barbaresci aus 100 Prozent Spanna. Er besitzt einige der besten Lagen der Region mit 35 bis 70 Jahre alten Reben. Dieser Wein ist ein Blend aus zwei Mikro-Parzellen, Permolone und Lurghe, die in 350 bis 420 Höhenmetern auf kargen vulkanischen Böden aus Granit und Porphyr stehen. Der Boden hat einen hohen Gehalt an Mineralstoffen und ist besonders eisenreich. Nach der Handlese wird im Stahltank vergoren und nach 19 Tagen auf der Maische abgepresst, im Anschluss folgen 28 Monate in großen Botti und dann noch ein paar Monate Flaschenreife, bevor der Wein auf den Markt kommt. Mittleres, leuchtendes Rubinrot mit einem Hauch Orange. Aus dem Glas springen sofort kühle, rote Fruchtaromen in die Nase. Sauerkirsche, rote Johannisbeeren und Cranberries. Auch ätherische Kräuter, duftender Herbstwald, getrockneter Tabak, braune Gewürze, Leder und Lavendel kommen dazu, gefolgt von der intensiven, steinigen, beinahe monolithischen Mineralität. Die Nase ist einfach toll, ich könnte Ewigkeiten nur damit verbringen, an diesem Wein zu riechen. Facettenreich bis zum Abwinken – das ist der Inbegriff des Piemonts in einer verspielten, alpinen Form – wie wunderbar! Im Mund haben wir erhabene, präzise und erfrischend intensiv vibrierende rote Frucht. Auch hier wieder viel rote Johannisbeere, Herzkirsche, reife rote Äpfel und ein Hauch Zitrusfrucht. Linear mineralisch und dabei zugleich einladend mit harmonierendem, kräftigem, feinem, griffigem und kargem Tannin und saftiger Frucht. Die Kraft der Mineralität ist beinahe atemberaubend – in diesem Wein steckt so viel Terroir und nackter Stein und die klingen in Reinform und graziöser Präzision im Mund nach. Die Balance ist dabei sagenhaft. Ich probiere den Wein über einige Tage hinweg. Die Spannung bleibt und man hat immer Lust auf den nächsten Schluck – der letzte erinnert an einen saftigen Pinot Noir aus der Hautes Côtes des Nuits. Dieser Stoff ist raffiniert und ich bin begeistert! Das Weingut macht insgesamt gerade mal 20.000 Flaschen und blieb daher bisher unentdeckt, denn fast alles wurde vor Ort in der Region getrunken. Ganz ohne Frage einer der »Best Value« Weine des Piemonts. 95/100