Lobenberg: 2017 war gekennzeichnet von einer großen Frostperiode im Frühjahr und von einem warmen Sommer mit langer Trockenperiode. Vom Frost wurden vor allem jene Winzer verschont, die Reben in Hochlagen bewirtschaften. Durch die Trockenheit und Wärme stand im Herbst eine deutlich frühere Lese an als normalerweise, teils vier Wochen früher. Das schöne war, dass Anfang September in den Nächten eine große Kühle herrschte. Wir haben also auf der einen Seite einen warmen, reichen, fruchtbetonten Jahrgang wie 2011 oder 2015. Und gleichzeitig haben wir Frische und Kühle durch den kühlen Herbst und somit auch eine hohe Eleganz, mit seidigen Tanninen. Deshalb ist 2017 ist nicht wirklich vergleichbar, weder mit 2011, das die Kühle nicht hatte, und auch nicht mit 2003 oder 2015. Die klimatischen Bedingungen haben 2017 auch dazu geführt, dass sich in Barolo die verschiedenen Höhenlagen etwas annäherten. Der Jahrgang, mit seiner Frische, Finesse und fruchtstarken Aromatik, dominiert in diesem Jahr 2017 deutlich mehr als in Jahren wie 2016 oder später 2019 und 2020. Bei Grasso wird je nach Jahrgang mal komplett entrappt, mal nicht. 2017 wurde komplett entrappt, aber im Laufe des Jahres wurden die Triebe und Blätter nicht stark geschnitten, um eine höhere Beschattung und Fotosynthese durch die jüngeren Blätter zu haben. Wichtig war auch die Beschattung, weil 2017 so sonnenintensiv war. Die Lese fand relativ spät statt, bis in die dritte Oktoberwoche hinein. Man wollte einfach die volle phenolische Reife haben. Gleichzeitig wurde durch die kalten Nächte die Frische gut erhalten. 2017 ist so ein seriöses Jahr, der Winzer Gianluca Grasso bestätigt das nochmal eindrucksvoll. Das drittbeste Jahr in diesem Jahrzehnt, nach 2016 und 2010. Im Keller wird bei Elio Grasso das ganz klassische, traditionelle Herstellungsverfahren für Barolo angewendet. Die entrappen Beeren gehen in die Fermentation, nach der ersten heißen Phase wird der Maischehut circa 30 bis 40 Zentimeter unter die Flüssigkeitslinie gedrückt. Der Wein verbleibt anschließend für sieben bis acht Wochen auf dem Schalen, um die Weine finessenreicher zu machen. Der Gavarini Chiniera liegt als Amphitheater direkt um das Haus herum in rund 400 Metern Höhe. Die Reben sind nach Süden, Südwesten und Südosten exponiert, sie stehen auf Kalkstein- und Sandböden. Wenn es regnet, dann findet das Wasser sehr schnell den Weg in den Boden. Also eine völlig andere Drainage als im Ginestra. Außerdem sind die Reben im Gavarini deutlich jünger. Die Nase ist hocharomatisch, fast extrem in der Aromatik. Wir haben die reife Frucht wie in 2015, aber wir haben auch eine unglaubliche Spannung darin und eine wunderbare Frische hintenraus. Diese Kombination ist relativ selten. Auf 2016 und 2010 muss man ewig warten. Große Jahre. Aber das Mittelding aus der reifen Frucht, der Frische und der Mineralität ist 2017. An 2017 kann man in fünf, sechs Jahren vorsichtig herangehen, trotzdem überdauert er 20 Jahre ohne Probleme. Berauschend blumig, Veilchen und Rosenblätter in der Nase. Süße rote Kirsche und etwas, das für das Jahr sehr bezeichnend ist: etwas Erdbeere und Himbeere, deutliche Waldhimbeere. Ganz schicker Mund, mit sehr hoher Mineralität. Salz und Kalkstein. Wow, die Augen werden schmal ob dieser Frische! Gleichzeitig ist die Aromatik da. Etwas saure Himbeere neben Erdbeere und Sauerkirsche. Auch ein bisschen Schlehe kommt, ein bisschen rote Johannisbeere, aber in süßer Form. Wunderbare Länge, die Harmonie ist da. Nein, es ist kein großer Wein zum Niederknien wie 2016 oder 2010, aber es ist einfach eine Schönheit, eine Perfektion in Barolo für die nächsten 20 Jahre. Etwas Besseres kann man im Grunde nicht haben, um diese Weine zu genießen. 97-98/100