Von Max Bomm

Power without weight – Markus Langs große Kunst der Feingliedrigkeit ohne Wucht

If you don't believe that you can taste a ripe and complex wine with less than 10% alcohol and almost no sugar, taste this and age it for a decade or three.

– Stephan Reinhardt (Robert Parker) über HM Lang

Mit der Vision, filigrane und spannungsgeladene Weine vom Typ klassischer Chablis zu erzeugen, übernahm Markus Lang im Jahr 2008 mehr oder weniger durch Zufall einen alten Weinberg in Krems-Stein an der Donau. Daraus entstand in den folgenden Jahren das Weingut HM Lang, das heute für frische, elegante Grüne Veltliner und Rieslinge mit Tiefgang steht. Das Besondere: Trotz ihres stets niedrigen Alkoholgehalts haben Langs Weine eine unglaubliche Komplexität und Struktur.

Weinkeller von HM Lang
Der Weinkeller von HM Lang

Ein komplett durchgegorener Grüner Veltliner mit gerade einmal 10,5 % Vol. – einen solchen Wein in Zeiten des Klimawandels produzieren zu können, erfordert präzisestes Handwerk und ein höchstes Maß an Verständnis für die Pflanze. Denn im Grunde bedeutet Weinmachen nichts anderes, als den Reifezeitpunkt einer Frucht für Jahre und Jahrzehnte erlebbar zu machen. Für Markus Lang beginnt das mit der biodynamischen Bewirtschaftung seiner steilen Terrassenweinberge, bestockt mit bis zu 100 Jahre alten Reben. Die Rebfläche ist mit nur 3,5 Hektar vergleichsweise winzig.

Das Prinzip ist „klein aber fein“ – es wird nur so viel bewirtschaftet, wie zwei Menschen in Handarbeit schaffen können.

– Markus Lang

Markus Lang vom Weingut HM Lang
Markus Lang vom Weingut HM Lang

Besonders entscheidend ist dann natürlich der Lesezeitpunkt der Trauben, der sich nach der physiologischen Reife, dem Geschmack und dem pH-Wert richtet. Der Zuckergehalt spielt für Markus dabei nur eine untergeordnete Rolle, an erster Stelle steht immer die Frische. Um zu veranschaulichen wie er dabei vorgeht, vergleicht Markus die Beere mit einer Zwetschge:

»Jeder kennt das, wenn man Ende August eine Zwetschge öffnet, die glänzend und bereits lila gefärbt ist, der Kern dreht sich trocken heraus, das Fruchtfleisch ist gelblich-grün und wenn man sie biegt, entstehen kleine Risse in denen sich Safttropfen bilden. Man ist sensorisch hin und hergerissen zwischen Frucht- und Säureerlebnis, was ein besonders erfrischendes Spannungsfeld bietet. Die sehr reife Frucht hingegen ist blau, matt und weich. Beim Öffnen geht der Kern glitschig heraus, das Fruchtfleisch ist bräunlich und weich. Diese Zwetschge schmeckt auch sehr gut, aber sie hat nicht die aufregende Frische der frühen Frucht. Das ist so etwas leichter zu erklären als an den komplexer aufgebauten Trauben, anhand dieser Analogie lässt sich jedoch gut beschreiben, was wir machen wollen.«

Markus Lang

Das allein reicht aber noch nicht aus, um am Ende auch einen wirklich komplexen Wein zu erhalten. Entscheidend sind die weitere Verarbeitung, der Ausbau und vor allem Geduld. Nach der Lese kommen die Trauben zunächst auf die rein händisch angetriebene Hebelpresse, die nach dem Prinzip einer antiken Baumpresse funktioniert, allerdings aus Stahl und Beton besteht – quasi ein uraltes Prinzip im modernen Gewand. Die Ganztrauben werden in einem Korb sehr langsam über zwei Tage ausgepresst. Zuerst mit wenig Druck, am Ende mit sehr hohem Druck von bis zu 100 Tonnen Presskraft. Das Ganze ist dennoch ein höchst schonender Prozess, da die Trauben dabei nicht bewegt werden. Dadurch kann jede Beere ganz langsam und vollständig, sowie ohne jegliche Verletzung der Stiele und Kerne ausgepresst werden. In Kombination mit einer langen Pressdauer können die natürlichen Enzyme unter Druck wirken und lösen alle Pektine vollständig auf. Das setzt Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Calcium frei, die pH-puffernd wirken und dem Wein zusätzlich Struktur verleihen.

Weinkeller von HM Lang

Diese Pressmethode ist mit einer Dauer von zwei Tagen vielleicht nicht besonders effizient und durchaus körperlich fordernd, aber dafür sehr effektiv. Für Markus braucht Wein eben viel Zeit, damit alle Prozesse in Ruhe ablaufen können. Die Presse steht im Freien und der frisch gewonnene Most läuft nur per Schwerkraft in den direkt darunter befindlichen Felsenkeller, der einem mystisch anmutenden Bergstollen gleicht. Hier findet der lange Ausbau statt, frühestens drei im dritten Jahr nach der Lese kommen die Weine überhaupt erst in den Verkauf.

Spontangärung in Holzfässern und Steingutamphoren, immer mit einem kleinen Anteil Maische dabei, der bis zum Abstich im Fass verbleibt. Die Weine reifen mindestens zwei bis zweieinhalb Jahre im Fass und gären fast immer komplett durch auf nahezu null Gramm Restzucker, trotz der konstant niedrigen Temperatur von 9°C im Keller. Möglich wird das durch die niedrigen pH-Werte aus dem Weinberg und die anschließende, spontane malolaktische Gärung, die den Weinen zusätzlich eine harmonische Säurestruktur verleiht. Für Markus brauchen seine Weine aber für die richtige Eleganz und Tiefe ein zweites Jahr und mehr auf der Vollhefe – immer ohne jegliche Zugabe oder Eingriffe. Nach dieser Zeit, aber erst dann, wenn die Weine die hausinterne »Balance-Prüfung« bestanden haben, werden sie abgezogen und unfiltriert, sowie nur minimalst geschwefelt per Hand abgefüllt.

Weinfass von HM Lang

It is pretty Burgundian in style but much fresher and more vital, with great purity and tension. Impressive wine.

– Stephan Reinhardt (Robert Parker) über HM Lang

Dieser lange Prozess zahlt sich am Ende aus und man ist einfach nur hin und weg, wenn man eines dieser eleganten Unikate im Glas hat. Man bekommt hier nichts lautes, sondern einfach einen unfassbar geschliffenen und präzisen Wein, der durch eine Frische, Leichtigkeit und Intensität überzeugt, ohne aber einen hohen Alkoholwerte zu benötigen. Markus Lang macht echte Strukturweine, denen man sich mit ausreichend Zeit widmen sollte, um die verschiedenen sensorischen Schichtungen in der Nase und Texturen am Gaumen auf sich wirken lassen zu können. Mit einigen Jahren Flaschenreife legen die Weine noch mehr an Komplexität zu und bleiben gleichzeitig so wunderbar frisch. Nach dem Prinzip Feingliedrigkeit, statt vordergründiger Wuchtigkeit, entstehen hier völlig eigenständige und neu interpretierte Grüne Veltliner und Rieslinge, wie man sie zuvor ganz sicher noch nicht im Glas hatte. Markus Lang verfolgt damit einen unfassbar spannenden und ziemlich sicher auch zukunftsfähigen Ansatz der Weinbereitung.

HM Lang

Winzer

HM Lang

HM Lang

Markus Lang ist derzeit wohl der spannendste Produzent im Donau-Tal. Der in Wien arbeitende Ingenieur hat erst vor einigen Jahren angefangen seinen eigenen Wein zu bereiten und dennoch zählen die Veltliner und Rieslinge des Autodidakten bereits zu den spektakulärsten und interessantesten Weißweinen...

Max Bomm

Max Bomm

Max ist ein Weinenthusiast und Genussmensch. Aus der Liebe zum Wein entschied er sich für das Studium der internationalen Weinwirtschaft an der HS Geisenheim. Nun ist er seit Herbst 2021 Teil unseres Winescout-Teams. Er ist immer auf der Suche nach spannenden Weinen, die seinen Horizont erweitern.

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