Die Rückbesinnung auf autochthone Rebsorten – das heimische Potential – wird der Weg der kommenden Jahre sein.
»Griechischer Wein« ... das berühmte Lied von Udo Jürgens ist von berührenden Emotionen und einer gewissen süßen Schwere und Traurigkeit geprägt. Glücklicherweise sind die besten Weine Griechenlands heute aber alles andere als schwer und süß! In diesem Jahrhundert gaben die griechischen Winzer nämlich ordentlich Gas – es wurde eine grandiose Welle losgetreten mit dem Ziel, qualitativ hochwertige Weine abfüllen, die den anerkannten Top Weinen Europas in nichts nachstehen. Heute wissen die Winzer vor Ort besser denn je, wie sie ihren reichen Schatz an hochindividuellen und einzigartigen autochthonen Rebsorten durch das Know-How der modernen Kellertechnik ins Rampenlicht stellen können.
Lange, lange zeichnete sich leider ein schwieriges Bild griechischer Weine. Von oxidiert zu marmeladig oder unsauber war alles mit dabei. Rotweine waren erfahrungsgemäß häufig eine »sicherere« Wahl und von besserer Qualität als die weißen Retsina- oder die süßen Mavrodaphne-Weine. Viele Weine waren im letzten Jahrhundert noch ziemlich kommerziell und oft etwas langweilig. Und wenn sie dann mal recht anständig waren, kosteten sie im internationalen Vergleich immer viel zu viel! Viele Winzer wollten diese Schmach, die auf der Wein-Ur-Nation liegt, endlich nicht mehr auf sich sitzen lassen – es musste doch besser gehen!
Die Wurzeln unserer Weinkultur liegen nämlich nicht ohne Grund in Griechenland begraben – die Griechen waren schon in der Antike DIE Pioniere und leidenschaftlichen Weinliebhaber. Diese ersten Wein-Enthusiasten der Welt haben nicht nur die Reben selbst und ihr unglaublich wichtiges Wissen über den Weinanbau in die Welt hinaus getragen, sondern den Wein auch schon früh mit Begeisterung und Stil gefeiert, die man bis heute spüren kann. Wein war für die alten Griechen nicht einfach nur ein Getränk – er war ein Lebenselixier und in jedem Aspekt ihrer Kultur tief verwurzelt. Dionysos, der Gott des Weines und der puren Lebensfreude, der später von den Römern als Bacchus verehrt wurde, ist ein klares Zeichen für die immense religiöse Bedeutung! Wein war zudem der »Treibstoff« für Helden und Denker, der die Gedanken der größten Philosophen beflügelte und den griechischen Soldaten ihren Mut verlieh. Wein war damals – vom einfachen Volk bis zu den höchsten Herrschern – der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhielt und bei festlichen Anlässen für ausgelassene Stimmung sorgte.
Die Griechen legten so den Grundstein für das hohe Ansehen und den besonderen Status, den Wein bis heute genießt.
Die qualitativ gesehen vielleicht wichtigsten Regionen sind die Halbinsel Peloponnes und die Insel Santorini.
Aber Griechenlands bester junger Rotweinwinzer Apostolos Thymiopoulos ist in Makedonien, ganz im Norden Griechenlands, Zuhause. Seine roten Xinomavro Weine stellen so manchen Nebbiolo aus dem Piemont im selben Preisbereich eiskalt in den Schatten!
Ganz im Norden der Peloponnes entstehen bei Tetramythos großartige Naturweine, ganz ohne Schönungsmittel und ohne Zusätze. Wunderbar aromatisch und ohne jede Schwere. Mit Gaia Wines habe ich einen Winzer gefunden, der gleich beide Fliegen mit einer Klappe schlägt. Unter einem Dach werden zwei moderne Weingüter geführt. In Nemea (einer Region auf der Peloponnes) verleihen hervorragende autochthone Agiorgitiko-Trauben der Region neuen Glanz. Sie stehen für die modernere Art des Weinbaus in Griechenland bei gleichzeitiger Bewahrung der Tradition.
Auf Santorini produziert Gaia exquisite Weißweine, die mit neuem, frischem Wind über die Insel wehen. Auf derselben Insel sitzt auch das Weingut Hatzidakis – DAS qualitative Vorzeige-Weingut schlechthin. Von Anbeginn wurde hier biologisch bewirtschaftet. Zum Teil über 150 Jahre alte Assyrtiko-Reben, die herausragende geniale weiße Leitrebe der Insel, verhalfen dem Weingut schnell zu internationalem Ruhm und Ansehen. Beide Weingüter zählt der Falstaff völlig zu Recht zu den besten der Insel Santorini und damit auch Griechenlands.
Griechenlands Wein ist dem Mythos der Vergangenheit heute wieder mehr denn je auf der Spur! Qualitativ gibt es heute mehr denn je große Unterschiede zwischen den innovativen Weingütern, die zeigen, dass es auch hochwertig geht, und den etwas eingeschlafenen Traditionalisten. Auch die Rückbesinnung auf ihre großartigen autochthonen Rebsorten hebt Griechenland völlig vom Rest Europas ab. Assyrtiko steht im Kopf an Kopf Rennen dem Riesling in nichts nach und ihr rotes Pendant Xinomavro steht auf Augenhöhe mit der italienischen Nebbiolo. Das heimische Potential wird der Weg der kommenden Jahre sein.